In den Tagen 11-16 endete unser alleiniger Haijk. Es waren die letzten Tage vor dem Bundeslager. Außerdem musste ich für ein Wochenende die Gruppe verlassen, die Feuerwehr kam und wir wurden weggejagt.
Die Sonne brennt heiß auf uns hernieder. Sobald der erste Sonnenstrahl die schroffen Küstenberge überwunden hat senkt er sich mit aller Macht in unsere noch schlafenden Gesichter. Wir schaffen alles sofort in den Schatten. Die Temperatur hat sofort an die 40°C. Obwohl das Wecken so hart war kriegen wir jetzt einen klareren Blick darauf wo wir eigentlich geschlafen haben: es ist wunderschön hier in der Bucht von Kotor!
Nach dem leckeren Frühstück, das immer wieder unterbrochen werden musste, weil Muschelsammler an uns vorbeigingen, machen wir uns auf Richtung Stadtzentrum. Unsere Freunde vom Stamm „Galaxias“ sind noch am Schlafen. An der Stadtmauer teilen wir uns in zwei Gruppen auf und jede Gruppe hat 1,5h Zeit, um die Stadt zu erkunden, während die andere auf die Rucksäcke aufpasst. Meine Gruppe bleibt zunächst bei den Rucksäcken. Wir spielen ein wenig Gitarre und Singen.
Plötzlich taucht eine Fahrtengruppe von unserem geschätzten Stamm „Wikinger“ auf. Die Jungs sind ziemlich gut drauf, und haben in vielen Punkten einen ähnlichen Eindruck von Montenegro gewonnen wie wir. Es werden Erfahrungen und Geschichten ausgetauscht (wie immer, wenn man auf andere Pfadfinder trifft).
Ein paar Fotos von der ersten Gruppe auf der Stadtmauer später, sind wir dann dran mit dem Besichtigen von Kotor. In der Sonne kann man sich tatsächlich höchstens 10 Sekunden aufhalten, deshalb versuchen wir uns im Schatten zu halten. Leider ist die Stadt sehr touristenverseucht, trotzdem bringt ein leckeres Eis Linderung. Um ein wenig länger in der Sprühwasser-Klimaanlage der Eisdiele stehen zu können versuche ich meine Bestellung auf montenegrinisch auszusprechen, was für allgemeines Gelächter sorgt.
Bei der Kirche von Kotor angekommen verzichten wir auf eine Besichtigung, da diese tatsächlich Eintritt kostet. Ansonsten ist die Stadt Venedig sehr ähnlich: ähnlicher Baustil, enge Gassen, italienisch anmutend und massenhaft Souvenirläden. Auf eine Klettertour den Berg hinter der Stadt rauf verzichten wir im Angesicht der vergangenen Tage gerne (als ich aus Spaß Carsten frug ob er Lust hätte entgleisten seine Gesichtszüge förmlich).
Um die Fahrtenkasse aufzufüllen überlegten wir kurz einen Diamantenladen zu überfallen. Doch da unser Meister der Münze, Armin, mit absoluter Genauigkeit jeden Cent zweimal umdrehte und wir deshalb ziemlich gut dastanden konnten wir darauf verzichten!
Eine Libanesin fotografierte uns, und erklärte uns danach, dass ihr Sohn im Libanon ebenfalls bei den Pfadfindern wäre und er sich bestimmt ziemlich über das Foto freuen würde. Wir waren sehr beeindruckt davon – im Libanon hätten wir keine Pfadfinder vermutet.
Kotor hat schöne Ecken, man ist allerdings auch sehr schnell einmal durchgelaufen. Wenn man die meist nur Schrott führenden Souvenirläden mal beiseite lässt dauert ein Rundgang höchstens eine Viertelstunde.
Da die Mittagssonne auf uns herniederbrannte pflanzten wir uns in den Schatten der Bäume vor den Stadttoren. Dabei spielten wir Karten. In einer wirklich schwülen, brütenden Mittagshitze füllten wir unsere Flaschen am Trinkwasserbrunnen in Kotor auf. Das Wasser schmeckte chlorig und komisch. Ganz anders als in den Bergen. Wir vermissen das Tara Wasser wie niemals zuvor. Das ist kein Vergleich, gegen das Wasser von Kotor schmeckt selbst das Chlor-und-Kalk-Wasser aus Aachen gut.
Während wir anderen die Zeit in der Hitze totschlagen gehen Armin und Hicham auf die Suche nach etwas leckerem zu Essen. Dabei finden sie einen Metzger („Metzjer“), der Hamburger produziert und das für wenig Geld. Sie schmecken köstlich und man merkt, dass das Fleisch eine tolle Qualität hat. Crissy, unsere Gruppenvegetarierin, bekommt ebenfalls ein köstliches Essen serviert (Börek, Ayran, etc.). Nach einiger Zeit legt ein riesiger Kreuzfahrtpott bei uns an. Wir sehen auch weitere Mosaikpfadfinder. Eine deutschsprechende Frau kommt zu uns und erzählt uns, dass sie ein paar Tage zuvor eine Gruppe vom Stamm „Sperber“ hier gesehen hat, die, weil sie Musik gemacht haben, verscheucht wurden. Uns passiert das zum Glück an diesem Tag nicht.
Als die Mittagssonne ein wenig weitergezogen war ziehen wir weiter. Ursprünglich haben wir geplant nur schnell baden zu gehen, aber einmal in Bewegung gesetzt wollen wir gleich aus der Stadt raus und einen Lagerplatz mit wildem Strand finden. Zwei Deutsche Touristen hatten uns den Weg zu eben so einem Strand beschrieben. Wir kommen dabei an einem weiteren Stück Hafen und einigen kleinen Strandabschnitten vorbei. Leider sehen wir nirgends eine öffentliche Dusche, also wird das erst mal nichts mit dem Baden.
Ein uns verfolgender Streuner muss vertrieben werden, was unser Streuner-Vertreibungs-Minister Armin auch hinkriegt. Herbert kommt mit dem warmen Wetter gut klar. Eine Babykatze sorgt für Begeisterung bei den anwesenden Katzenfreunden. Das Wasser schmeckt immer noch grenzwertig und wir müssen bereits wieder auffüllen. In einer Pizzeria will man uns kein Leitungswasser geben, wir sollen woanders fragen. Im meeresbiologischen Institut von Montenegro ist man zum Glück freundlicher.
Wir wandern weiter den schmalen Küstenstreifen entlang. Ständig müssen wir zur Seite wegen Autos. Hauptsächlich serbische Touristen sind hier zugegen. Ihre Reaktionen sind heftig: wenn man 50m weiter schaut hört man normale Strandgeräusche, sieht planschende Kinder, sich sonnende Frauen und in die Ferne schauende Männer. Kommen wir näher wird alles stehen und liegen gelassen, die Leute verstummen und schauen uns absolut entgeistert an. Ich fühle mich, wie ein Zombie aus der Serie „The Walking Dead“. Was machen wir falsch? Ist es, weil wir bei derartiger Hitze wandern? Sehen wir zu zerlumpt aus und die Leute fürchten um ihre Wertgegenstände?
So geht es immer weiter. Plötzlich bekommen einige von uns Bauchschmerzen. Am heftigsten Carsten, der in einen Beachclub rennt. Das Wasser! In einem Supermarkt kaufen wir erst mal neue Wasserkanister und füllen unsere Flaschen mit genießbarem Wasser auf.
Plötzlich treffen wir unsere gute Freundin Lina und ihre Fahrtengruppe in Bikinis am Strand. Die dachten sich: „wir baden erst mal und schauen dann nach einem geeignetem Lagerplatz“. Ich bin ein
wenig neidisch und hätte gerne mehr Zeit für einen Plausch, doch wir müssen weiter. Einen Kilometer weiter finden wir ein bewaldetes Grundstück, auf dem einige wenige Leute am baden sind. Armin
und ich fragen die dort hinter einem Zaun sitzenden Montenegriner, ob wir hier schlafen dürfen.
Wir kommen zu der erwartungsvoll dreinblickenden Gruppe zurück. Vor uns kilometerweit befahrene Hauptstraße an schmalen Küstenstreifen, hinter uns die Touristenstadt Kotor. „Geht leider nicht, wir müssen weiter.“ Mit ernst betrübter Mine müssen Armin und ich der Gruppe mitteilen, dass wir dieses idyllische Stück Strand nicht für eine Übernachtung und Badespaß benutzen dürfen.
Lange halten wir es nicht aus ohne zu lachen. „Verarscht!“. Der gute Mann hinter dem Zaun hat uns ein Stück weiter einen Platz zugewiesen wo wir die Zelte aufschlagen dürfen. Wasser können wir bei ihm holen.
Direkt am Wasser, mit Pier, Schlafplatz, Feuermöglichkeit, Trinkwasser. Paradies!
In Windeseile haben wir Badehosen an und sind im Wasser. Es ist badewannenwarm, und die Füße neigen dazu an der Oberfläche zu schwimmen. Armin baut eine Dusche, um das Salzwasser abzuwaschen, statt ins Wasser zu kommen. Seine Disziplin ist ziemlich beeindruckend.
Wir lassen es uns gut gehen. Die Sonne geht langsam hinter den Bergen unter. Als diese weg ist wird es auch gleich dunkel. Wir hängen alles zum trocknen auf, füllen (nach einigen Diskussionen) die Dusche immer wieder auf, damit auch alle sie nutzen können, und dann wird gekocht.
Ich kümmere mich persönlich darum. Wir stellen fest, dass der üppige Gewürzsack, den Armin mitgebracht hat, verschwunden ist. Mist, das Ding war teuer.
Es gibt Nudeln mit Tütensoße, und gebratenen Paprika. Schmeckt wie es sich liest („schmeckt wie erwartet“). Schon beim Kochen findet uns Linas-Fahrtengruppe. Wir teilen gemischte Nachtwachen ein. Bei meiner Nachtwache quatschen wir über alles Mögliche und die Zeit vergeht wie im Flug, sodass wir auch noch die zweite Schicht übernehmen. Die Mädels laben sich an den übrig gebliebenen Nudeln. Einmal gibt es einige Bewegung im Gebüsch hinter uns, doch mit ein wenig Krach und Präsenz können wir das Tier verscheuchen.
Der Sternenhimmel ist klar und spiegelt sich in der Bucht wieder. Man kann weit in die Ferne blicken. Ob gerade in einer anderen Galaxie ein paar Alienpfadfinder ebenfalls in den Himmel schauen und sich fragen, ob da gerade noch irgendwo im Universum andere Pfadfinder die Sterne betrachten? Ein Boot mit 2 Leuten darauf fährt langsam durch die Bucht. Sehr nah an uns vorbei. Das grelle Bootslicht leuchtet uns an. Gruselig, aber sie fahren weiter.
Um 4 Uhr legen wir uns schlafen. Ich habe Mühe auszumachen, wer von den schlafenden Armin ist, den ich für die nächste Nachtwache wecken soll. Also rufe ich mit gedämpfter Stimme in alle Richtungen Armin, bis er tatsächlich aufwacht.
Auch unter den schattigen Bäumen bahnt sich ein Sonnenstrahl den Weg in mein Gesicht. Wir werden nach und nach wach, wenn die heißen Strahlen unsere Gesichter erreichen. Die Mädels von Karthago-Persepolis sind bereits weiter gezogen. Ich versuche mein Glück mit der Angel, doch leider kriege ich keinen Biss. Als Finn und Yannick angeln fliegt bei einem Wurf auf einmal der Kunstköder ab. Yannick geht bei montenegrinischen Badegästen fragen, ob er die Taucherbrille leihen darf, und Finn holt das Ding vom Grund wieder nach oben. Hervorragend gemacht!
Wir schwimmen ein wenig und Hicham inspiriert uns zum Frühstücken. Der Junge hat Hunger! Es gibt Brot und die restlichen Nudeln vom Vortag (schmecken tatsächlich sehr gut!).
Wir frühstücken so vor uns hin, genießen den schönen Tag im Schatten der Lorbeerbäume und sinnieren darüber, dass wir hier einen Tag zum Baden verbringen werden, als plötzlich zwei ältere Frauen (so um die 70) den Weg von der Straße herunterkommen.
Die Minen verfinstern sich, besonders bei der älteren der beiden. Sie stellt sich neben uns und beginnt auf montenegrinisch eine Schimpftirade abzusondern, wie ich sie selten erlebt habe. Da wäre jeder Rohrspatz grün vor Neid geworden. Sie lässt sich nicht unterbrechen. Irgendwann merkt sie, dass wir kein einziges Wort verstehen und sagt mit überzeugender Gestik: „Privacje“, „Policia“, „Auf Wiedersejn!“. Oha! Der „nette“ Mann vom Vortag hatte uns auf das Privatgrundstück seiner Nachbarn geschickt und uns erlaubt dort zu zelten. Wir packen alles so schnell es geht zusammen. Die Frau wirft Müll in unsere Richtung und Mülltüten, wir versuchen ihr beizubringen, dass wir das nicht waren, sondern die anderen Badegäste die hier täglich auf ihrem Grundstück rumliegen. Keine Chance. Wir nehmen den Müll mit. Letztlich gehen wir 5m weiter, direkt neben ihr Grundstück und legen uns dorthin. Den Strand mussten wir erst mal vom Müll säubern, den die schimpfende Frau dort säckeweise hingeworfen hatte. Ist halt nicht „Privacje“.
Kein guter Start in den Tag. Carsten, Hicham und ich gehen zum Supermarkt und ver-seel-sorgen uns erst mal gegenseitig. Die Leute im Supermarkt behandeln uns leider so wie die Touristen am Tag zuvor. Armin und die Jungs suchen in der Zeit ein schickes Restaurant für das Abschlussessen, was an diesem Abend stattfinden soll. Warum jetzt schon ein Abschlussessen? Weil ich die Gruppe am nächsten Tag leider verlassen musste (später mehr dazu).
Armin hat einen schöneren Platz entdeckt an dem wir den Tag verbringen könnten. Dazu zogen wir eine halbe Bucht weiter. Bei unserem Abschied von der schimpfenden Frau fing sie gerade an Müll auf dem Pier zu verbrennen.
An unserem neuen Platz verbrachten wir den ganzen Tag: mit Schwimmen, Arschbomben und Angeln. Um genug Köder zum Angeln zu haben schwammen wir zusammen zu einer Hafenmauer und pflückten dort einen ganzen Eimer Miesmuscheln von der glitschigen Mauer. Mit der Spiegelreflexkamera fertigten wir 2 Videos und eine ganze Menge Fotos von den besten Sprüngen vom Betonufer ins warme Nass an.
Ich bin etwas traurig und vor allem nachdenklich, weil das vorerst mein letzter Tag mit der Gruppe sein wird. Über das Wochenende würde ich nach Hause fliegen und auf eine Hochzeit gehen, auf die ich mich auch sehr freute. Trotzdem vermisste ich meine Fahrtengruppe jetzt schon. Da waren die Lacher beim Springen und Schwimmen eine gelungene Ablenkung.
Wir konnten auch ein wenig weiter in der Morgenlandfahrt lesen. Auch wenn zwei Bücher, durch Wellen die ein Kreuzfahrtschiff verursacht hatte, komplett nass wurden und erst mal in der Sonne zum trocknen ausgelegt wurden. Zu Mittag gab es Börek, Kekse und Brot mit Ayvar. Hauptsache Platz lassen für das Essen am Abend.
Beim Angeln hatte irgendwann Yannick die Angel in der Hand. Plötzlich rief er „Basti, die Angel hängt irgendwie fest, was soll ich tun?“. Armin und ich dachten sofort an einen Hänger am Grund. Aber eigentlich war der Köder so befestigt, dass das nicht ginge. Ich beeilte mich zu Yannick zu kommen und nahm die Rute in der Hand. „Biss!“. Da war tatsächlich was dran gegangen. Dieser kleine Glückspilz!
Ein Fisch aus der Familie der Doraden (?!) wurde gelandet. Der stolze Yannick nässte sich vor Freude (unfreiwillig) ein (siehe Fotos!).
Wir hatten die Idee, den Fisch im Restaurant für den Abend zubereiten zu lassen. Leider lehnten sie ab. Obwohl es schon ca. 18 Uhr war und wir um 19 Uhr essen wollten sammelten wir Feuerholz und machten ein kleines Feuer. Armin („Grillz“) wickelte den von Hicham mit allerlei Kräutern und Gewürzen gestopften Fisch in feuchtem Toilettenpapier ein, und diesen dann in die Glut.
Es dauerte keine zehn Minuten, da war der Fisch immer noch nicht fertig, aber die Feuerwehr kam. Zwar nicht mit Blaulicht aber in einem Einsatzfahrzeug. Eine Dame mit Hut ging zielstrebig zu den Feuerwehrmännern, redete mit ihnen, deutete auf unser Feuer und auf uns und ging wieder zu ihrem Strandtuch. Die netten Feuerwehrmänner erklärten uns, dass wir kein Feuer machen durften und wir machten es aus (bis auf die Glut, damit der Fisch fertig wurde) und fuhren danach wieder zurück. Hicham sprach die Frau daraufhin an, ob sie die Feuerwehr gerufen hätte. Sie antwortete mit „Nein, aber das Feuer stört jeden hier.“. Schade, dass sie uns nicht einfach darauf angesprochen hat.
Wir machen uns auf dem Weg zum Restaurant. Dafür müssen wir am Grundstück der schimpfenden Frau vorbei. Sie ist am schwimmen. Doch als sie sieht, dass wir vorbeigehen, kommt sie aus dem Wasser und geht extra zum Zaun, um Hicham und mich zu beschimpfen. Wir sind belustigt und haben kein schlechtes Gewissen, da wir das Grundstück sogar noch besser hinterlassen haben, als wir es vorfanden.
Am Küstenstreifen entlang fühlen wir uns wieder wie im Zoo, denn jeder gafft und glotzt uns an.
Endlich kommen wir im Restaurant des Abends an. Uns wird ein schöner Tisch zugewiesen und auch Herbert ist kein Problem. Durch unsere sparsame Lebensweise bekommt jeder einen üppigen Betrag zugewiesen, den er zur Verfügung hat. Ein Blick in die Speisekarte verriet: obwohl das Restaurant gehoben war, waren die Preise deutlich günstiger als in Deutschland.
Da hat der Meister der Münze großartige Arbeit geleistet. Nudeln und Reis bestellt zufälligerweise niemand, auch Brot mit Ajvar wird nicht gegessen. Wir machen uns kleine Zettel, auf denen wir zusammenrechnen, rumexperimentieren und uns jeder ein eigenes Menü zusammenstellen.
Als der erste Gang gebracht wird, ist dieser schnell aufgegessen. Finn bestellt sich nach seinem ersten Gang (Chicken Wings mit Pommes-Frites) noch ein Wiener Schnitzel. Der Kellner ist erstaunt, aber erst fassungslos, als er sich die Bestellungen der anderen am Tisch anhört. „Wie viel Hunger habt ihr denn?“ fragt er irgendwann.
Viel! Also bis auf Carsten, der sich bloß auf 1 Schnitzel beschränkte und völlig zu Recht mit Hohn und Spott übergossen wurde. Zum Nachtisch gibt es auch noch ein üppiges Eis. Das Trinkgeld fällt ebenfalls sehr großzügig aus. Der Kellner ist freudenstrahlend. Als wir fragen, ob er einen geeigneten Schlafplatz für uns kennt lädt er uns ein auf dem Privatstrand des Restaurants zu schlafen. Später sollten wir noch vorbeikommen und mit seinen Freunden „ein paar Bier trinken“. Wir lehnen dankend ab und machen uns auf zum Strand.
Einige von uns rollen ihre vollgestopften Körper noch ins Wasser. Der Uferbereich ist herrlich flach und das Wasser hat, obwohl es schon Mitternacht ist, eine herrlich angenehme Temperatur mit kalten Strömungen zwischendurch. Wir verbringen die erste Nachtwache fast komplett im Wasser. Einige Jugendliche feiern in der Nähe und der Mond steht mal wieder in voller Pracht am Himmel. Unser Kellner kommt zwischendurch auf einem Motorroller vorbei, hupt und fragt ob alles in Ordnung ist. Dieser Vorgang wiederholt sich noch ein paarmal. Man ist der gut drauf!
Wir labern noch lange irgendwelchen Unsinn vor uns her. Carsten schmiedet Rachepläne gegen die schimpfende Frau vom Ufer, und bald dreht sich das Gespräch nur noch darum wie „Armin Grillz“ gefährliche Tiere fängt und isst („er lässt einen Stein über das Wasser titschen und bei jeder Berührung trifft der Stein das Atemloch eines Blauwals, der daraufhin erlegt ist und von „Armin Grillz“ gegessen werden kann“). Wir sind einfach glücklich und zufrieden und genießen den wunderbaren Moment.
Wecken ist um 6.00h in der Frühe. Der Strand war deutlich unbequemer, als er auf den Bildern wirkt. Die faustgroßen Kieselsteine boten keine Möglichkeit sich gerade hinzulegen. Ohne Frühstück wird gepackt – die Jungs und Mädels wollen heute mal wieder ein paar Kilometer schaffen. So ein Tag Pause ist ja schön, doch auf Fahrt wird gewandert, denn wer nur an einem Ort verweilt, der sieht auch nicht viel Neues.
Ich werde schön verabschiedet, mit einer kleinen Abschiedsrunde („Nehmt Abschied Brüder“), vielen Umarmungen und noch ein paar lustigen Sprüchen zum Abschied. Yannick winkt sogar mit einem Taschentuch, wie in der Anfangsszene bei Titanic.
Da ich die Kamera bei der Gruppe lies habe ich im folgenden unpassende Bilder, und zwar die, die die Gruppe an diesem Tag gemacht hat, zu meinen Erlebnissen hochgeladen. Ich denke aber, dass die meisten Bilder auch ohne Text für sich sprechen!
Ich wandere eine ganze Zeit lang Richtung Kotor. Als ich zwei Automechaniker sehe frage ich sie, ob sie mir wohl ein Taxi rufen könnten. Ich stehe 1
Meter neben ihnen und sie ignorieren mich. Dafür fragt mich ein Ungar, wie es auf Haijk war. Er scheint selbst pfadfinderischen Hintergrund zu haben und erzählt, dass er tags zuvor eine
Klettertour in den Bergen gemacht hat und dort eine andere Gruppe von uns getroffen hat.
Ich wandere eine ganze Zeit lang Richtung Kotor. Als ich zwei Automechaniker sehe frage ich sie, ob sie mir wohl ein Taxi rufen könnten. Ich stehe 1 Meter neben ihnen und sie ignorieren mich.
Dafür fragt mich ein Ungar, wie es auf Haijk war. Er scheint selbst pfadfinderischen Hintergrund zu haben und erzählt, dass er tags zuvor eine Klettertour in den Bergen gemacht hat und dort eine
andere Gruppe von uns getroffen hat.
Ein paar Kilometer weiter finde ich ein Taxi. Dazu muss man sagen: Taxen sind in Montenegro deutlich günstiger als Busse, zumal der Linienbus zuvor an der Haltestelle einfach an mir vorbeigefahren war. Der Fahrer fährt mich bis nach Tivat und wir unterhalten uns ein wenig über Montenegro. Ich erfahre, dass das Durchschnittsgehalt ca. 500€ beträgt, und das er Deutschland für das Paradies hält, weil es dort Arbeit für jeden gäbe. Eine mir die Augen öffnende neue Perspektive. Er freute sich außerdem, dass wieder Deutsche nach Montenegro kämen.
In Tivat angekommen (übelste Touristenstadt) kaufe ich mir Wasser im Supermarkt und erfrische mich am Marktplatz. Ein Franzose spricht mich auf Deutsch an, ob ich hier im Park geschlafen hätte.
Er ist super nett und total interessiert daran was Pfadfinder machen und wie man schläft.
Deutlich zu früh bin ich am Flughafen. Ich krame den zerknitterten und dreimal nassgeworden und wiedergetrockneten Zettel aus, auf dem meine Reisedaten stehen. Am „Air Serbia“ Schalter zeige ich
den Zettel vor. Die Frau schaut mich fassungslos an und sagt „No!“. Oh nein. Mir rutscht das Herz in die Hose. Bin ich am falschen Flughafen? Einen Tag zu früh, oder schlimmer noch: einen Tag zu
spät? Sie spricht natürlich kein Englisch, holt aber einen Kollegen der vermitteln kann. Mit ernstem Gesichtsausdruck kommt er zu mir und teilt mir die üble Wahrheit mit „Der Flug geht erst heute
Nachmittag“. Mein Gott, warum jagen die mir so einen verdammten Schrecken ein?
Ich setze mich ins Cafe, trinke einen Kaffee, der mir nicht mal halb so gut schmeckt wie unser morgendlicher Cowboykaffee. Der Kontext passt einfach nicht. Obwohl es hier sehr laut ist ist es
auch irgendwie still. Mir fehlt Joes meistens zu leise Stimme, Herberts Schnüffeln, Armins gut gelaunte Art, […]. Ich lese im Fahrtentagebuch und denke an die gemeinsamen Erlebnisse. Dabei
schlafe ich immer wieder für ein paar Sekunden ein. Als ich einmal wieder aufwache sitzt eine junge Frau mir gegenüber und lacht mich an. Sie ist Studentin aus Serbien und macht Urlaub in
Montenegro. Sie möchte alles von meiner Reise wissen und gibt mir einen Grundkurs in Serbisch. Deutsche kamen ihr bislang arrogant vor, doch ich hätte das Ruder herumgerissen. Sie lädt mich ein
nach Belgrad zu reisen, um festzustellen, dass in ihrem Land nicht nur Kriminelle leben. So schnell wie sie aufgetaucht war ist sie dann auch wieder verschwunden.
Mein Gepäck wird mehr als kritisch beäugt. Die Gitarrentasche oben drauf scheint zu stören. Am Sicherheitscheck werde ich gebeten meine Wanderschuhe auszuziehen. Sie wollten es wohl nicht anders!
Im Wartebereich vor dem Flieger werde ich dann wieder angeschaut wie ein Autounfall. Ob der kurzen Umsteigezeit (5 Minuten) in Belgrad mache ich mir ein paar Sorgen: wird mein Gepäck automatisch
in die neue Maschine geleitet? Im Flugzeug gibt es Salamibrot und ich sitze neben einem sehr netten serbischen Pärchen, die zwar meine Einladung den Fensterplatz zu nehmen dankend ablehnen, sich
aber um alles kümmern während ich schlafe.
Belgrad selbst sieht schlimm aus, zumindest von oben. Mir fällt nur sozialer Wohnungsbau auf. Der Flughafen ist aber sehr modern. Ich renne zum nächsten Bereich. Wieder Schuhe ausziehen. Ich hab
doch keine Zeit verdammt! Der Flieger hat zum Glück 1 Stunde Verspätung. Mein Handgepäck besteht nur aus meinem Portemonnaie, ich denke ständig ich hätte etwas vergessen.
Im Flieger ist es arschkalt. ¾ der Plätze sind leer. Es gibt wieder das gleiche Air-Serbia-Salamibrot. Um zu Schlafen kommt eine Frau von ganz vorne im Flieger, setzt sich auf den Platz vor mich, stellt die Lehne zurück und schläft. Zur Erinnerung, ¾ aller Plätze waren leer. Ich glaube das ist eine der wenigen Gelegenheiten, bei der man froh sein kann, wenn man schnarcht. Feuer mit Feuer!
Zwischendurch wache ich auf. Alles ist so still. Ich frage mich was meine „Monte-Milanos“ wohl gerade machen. Treffen sie noch eine andere Gruppe? Und wie geht es dem guten Herbert?
Landung im wolkenzugehangenen Frankfurt. Ich gehe aus der Passkontroll-Schlange heraus, um meinen EU Ausweis vollautomatisch von einem Gerät überprüfen zu lassen. „Funktioniert nicht mit den
alten Ausweisen!“ ruft ein Polizist. Ich muss mich wieder anstellen. Die Grenzpolizisten sind hart drauf und überprüfen jeden bis aufs kleinste Detail („Warum haben Sie den Schengener Raum
verlassen?“). Ich komme zum Glück so durch und kriege direkt meinen Rucksack am Gepäckschalter.
Von Frankfurt nach Mainz, von dort aus fahre ich nach Köln mit dem IC. Teuer aber teuer (war wirklich nicht besonders schön der Zug). Am Gleis in Mainz suche ich das Gleis 3. Es gibt aber nur 3A. Vielleicht bin ich zu verwirrt um das zu checken. Ein netter Mann erklärt mir wo ich mich hinzustellen habe, um zweite Klasse zu fahren, da er in der ersten Klasse fährt. Als der Zug kommt kommt gleichzeitig die Durchsage, dass der Zug heute verkehrt herum einfährt. Lachend gehen der nette Mann und ich aneinander vorbei.
23 Uhr. Ich werde wach, taumel aus dem IC. Die Welt ist so unwirklich nach 2 Wochen Natur in Montenegro. Doch woran erkennt man, dass man wirklich im Kölner Hauptbahnhof ist? Klar, der RE1 nach Aachen hat 35 Minuten Verspätung. Um 1 Uhr nachts komme ich an.
Während ich Hochzeitstorte schlemmte, und mich wie Mogli fühlte, der wieder versuchte am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, hatten es die anderen nach Risan geschafft. Da dort die Anwanderung zum Bundeslager aus der Südrichtung begann trafen sie dort viele andere uns bekannte Pfadfinder und Freunde. Herbert war ein wenig der heimliche Star und bekam natürlich viel Aufmerksamkeit. Die Tage wurden zum Baden und Fotos schießen benutzt. Auch ein zweites kleines Abschlussessen wurde gemacht, bei dem es frische Hamburger vom Metzger gab. Qualität! Armin fing auch einen zweiten Fisch, dessen Größe aber wohl nicht der Rede wert war. Wenn man davon noch die paar geschummelten Zentimeter Anglerlatein abzieht wird es wohl eher eine Muschel gewesen sein! Dresen wurde ein Glassplitter aus dem Fuß operiert, und Armin war froh die Mitnahme von Skalpellen jetzt irgendwie begründen zu können.
Die Fotos der Tage hier in der Bildergalerie:
Zur Erinnerung: Die Fotos sind etwas unpassend zum Text, da diese gleichzeitig zu meiner zweiten Anreise von der Gruppe auf der Anwanderung gemacht wurden.
Am 16 Tag startete die Anwanderung und die Gruppen wurden von vollkorn, seines Zeichens Busfahrts-, Anwanderungs- und „Saints-Way“-Organisator, wegen der Strecke angewiesen. Sie bekamen eine Karte, eine ungefähre Kilometerangabe für den 16 Tag und den 17 Tag, sowie den Ort an dem sie übernachten sollten.
Ich kann mich hier nur auf die Berichte meiner Fahrtengruppenmitglieder verlassen, aber am 16Tag ging es den gesamten Tag wohl nur bergauf. Ein Anstieg vom Meeresspiegel aus auf ca. 1500 Höhenmeter. Dort oben auf dem Berg gab es dann das Nachtlager. Hierbei waren die Sorgen groß um Herbert, der scheinbar etwas Falsches gefressen hatte und Herzrasen bekam. Ihm ging es jedoch schlagartig wieder gut, als er Armin sah, der ziemlich weit hinten gewandert war.
Karline und ich hingegen starteten am Morgen nach der Hochzeit von Holland aus nach Rheydt. Dort stiegen wir in eine Bimmelbahn, die natürlich ausgerechnet an diesem Tag „nur bis Düsseldorf Hbf“ fuhr. Na wenn sonst nix ist!
Da ich Ohrenschmerzen hatte suchten wir eine Apotheke im Düsseldorfer Hauptbahnhof auf. Bei einem kurzen Plausch mit der Apothekerin stellt sich heraus, dass sie ihre Kinder zu den Pfadfindern schicken möchte. Wir verweisen sie auf den Internetauftritt des Ring Rhein Lippe.
Auf dem Gleis fragt uns eine ältere Dame nach dem Weg. Sie geht davon aus, dass wir Bescheid wüssten, „Pfadfinder halt“. Düsseldorf ist gegenüber Montenegro im Bezug auf Pfadfinder ein Freundlichkeitsparadies (und das sage ich als Kölner)!
Am Flughafen ist es natürlich berstend voll, weil Tag der offenen Türe, oder Kindertag ist. Am Sondergepäckschalter meint der freundliche Mitarbeiter „Letzte Woche waren schon mal welche von euch da!“. Ein Passant fragt ob wir aufs Jamboree fahren und sagt „Allzeit Bereit“. Balsam für die geschundene Pfadfinderseele!
Ca. um 17 Uhr kommen wir in Dubrovnik an. Das Wasser hier schmeckt ausgezeichnet – im Gegensatz zu Kotor. An der Bushaltestelle witzel ich rum, dass der Busfahrer unsere Rucksäcke in den Bus treten wird. Zu unserer Überraschung lädt er die Rucksäcke behutsam ein und ist auch ansonsten sehr nett und zuvorkommend.
Über den Busbahnhof in Dubrovnik geht es mit dem Bus weiter nach Montenegro und Kotor. Auf der Strecke sehe ich die Orte an denen wir bereits gelagert haben (z.B. das Grundstück der Rohrspatz-Frau). Gegen 23 Uhr kommen wir in Kotor an. Wir schleppen uns noch in die Stadt, holen uns was zu Essen und gehen dann an den Pier, um zu schlafen. Nur zu zweit ist es am alten Sowjet-Hotel zwar etwas unheimlich, doch als wir ankommen erblicke ich etwas das ich lange vermisst hatte: an der Yucca Palme hängt tatsächlich unser Gewürzbeutel. Ich krieg mich kaum ein vor Lachen. Armin wird Augen machen! Mit den Füßen im Wasser essen wir. Es ist schön hier. Wir schlafen unter freiem Himmel.
Uns ohne Anwanderung nach Grahovo fahren zu lassen wäre für uns keine Option. Hoffentlich werden wir morgen irgendwo auf der Anwanderungsroute die Anderen treffen.
Weiterlesen: Teil 4: Das Bundeslager
Bericht und Fotos von basti