Großfahrt Schweden 2019


Dabei:

Meute Syenna: bebi, troll, Stefan, Sarah, frodo, Felix, Tim

Sippe Meru: emmel, mara-cash, bubi, motzi, lasagne, töfte, turtle

Sippe Ätna: ditto, florian

Meute Burkhan Khaldun: fußi, riddle

Roverrunde Atlas: spinne, xena, klaus, basti


Der Fahrtenbericht ist aus der Perspektive von basti geschrieben und bezieht sich somit hauptsächlich auf die Fahrt der Roverrunde Atlas.


Tag 1 & 2: Die Anreise

Pfadfinder Rucksack, Sommerfahrt, Gitarre, Knoten, Seil
Foto von xena (Kira Andrea)

Wenn man sich vornimmt in diesem Jahr frühzeitig mit dem Packen des Großfahrten-Rucksacks loszulegen, dann ist damit eigentlich etwas anderes gemeint, als eine Viertelstunde vor Abfahrt des Zuges damit anzufangen das Wichtigste in höchster Eile im Hauptfach des Tornisters zu versenken. Rasch schnürte ich die roten Schnürsenkel meiner auseinanderfallenden Wanderschuhe zusammen und ärgerte mich darüber mir nicht noch neue gekauft zu haben - schließlich hatte ich an unserem Stammesjubiläum Geburtstag gehabt und einen entsprechenden Gutschein bekommen. 

Auf der anderen Seite fällt es mir schwerer als gedacht diese Schuhe in die Ecke zu stellen und alleine auf Fahrten zu gehen. Dreizehn Jahre lang haben sie jede Fahrt und jedes Lager mitgemacht, sind nass geworden, ausgetrocknet, wurden entweder viel zu eng geschnürt, oder gar nicht, haben Berge bestiegen und sind mit mir in die Tara gefallen.

Pfadfinder Monte Verità Aachen, Zugfahrt, Sommerfahrt
Foto von xena (Kira Andrea)

In der Bahn nahm ich ein letztes mal für 15 Tage das Handy in die Hand. Klaus hatte geschrieben, ich sollte genau beschreiben, wo ich im Zug säße, und zur Tür kommen, um tragen zu helfen. Ich fragte mich wie viel Gepäck sie dabei haben würde, und ob ich jetzt die ganze Fahrt lang ihre Sachen tragen müsste. Zu meiner Freude handelte es sich bei dem Zusatzgepäck um das Essen für die Hinfahrt bis nach Schweden.

In Horrem stieg spinne zu, dessen Rucksack aus allen Nähten platzte. Ich hatte beinahe ein schlechtes Gewissen ihm eine Kohtenplane zum Einpacken zu geben. Als in Eschweiler riddle zustieg brach kurz Panik aus: wir würden erst Sonntags in Schweden ankommen und dort würden dann alle Geschäfte geschlossen haben.

 

Pfadfinder Aachen, Sommerfahrt, DPBM, Monte Verità
Foto von xena (Kira Andrea)

Als wir Aachen erreichten trafen wir in der Bahnhofshalle bereits auf die anderen Montis. Eltern und Kinder waren angesichts des großen Abenteuers ein wenig aufgeregt. Zum Glück haben wir erfahrene Gruppenführende im Stamm, die durch ihre entspannte und sichere Art den Stress aus solchen Situationen herausnehmen können. Das schöne daran ist: wir Roverfahrtfahrenden konnten in aller Ruhe etwas zum Essen für den ersten Tag besorgen.

Nudeln mit Soße, Reiswaffeln - was will das Montiherz mehr?

Wir machten noch ein Gruppenfoto auf dem Bahnhofsvorplatz, wie im Jahr zuvor, und anschließend noch ein absolut ungestelltes Stammesführungsfoto, bevor wir uns auf zum Gleis machten.

Pfadfinder Aachen, Stammesführung, DPBM Monte Verita
Foto von xena (Kira Andrea)

Den Waggon teilten wir uns mit - wie sollte es an einem Samstag in einem Zug Richtung Köln auch anders sein - einem Junggesellenabschied und einigen genervt dreinblickenden Menschen, die ob der Ansammlung von 22 Pfadfinderinnen und Pfadfindern, sowie deren Rucksäcke, wenig Platz hatten, um sich breit zu machen.

Nach einer dreiviertel Stunde hieß es dann schon wieder "Aussteigen!" und wir hatten etwas Aufenthalt am Kölner Hauptbahnhof. Die Zeit nutzten einige für letzte Besorgungen (es hatte sich mittlerweile herumgesprochen, dass wir Sonntags ankommen würden), florian und ich nutzten die Zeit, um uns gebührend vom Kölner Dom zu verabschieden.

Pfadfinder Aachen, Wölfling, Wimpel, Meute
Foto von xena (Kira Andrea)

Mit dem IC fuhren wir weiter bis nach Hamburg. Klaus schien bei der Fahrtenplanung all ihren Charme aufgebracht zu haben, da wir in einem richtigen Luxuswaggon saßen: breite und bequeme Sitze, Sitzplatzreservierungen und Tische an denen die Älteren das Abendessen vorbereiten konnten. Das Abendbrot bestand aus vorgedrehten Wraps, die töfte, Felix, turtle und klaus am Fließband zusammenzwirbelten. Der Schaffner schaute nicht nur einmal gierig auf die fein hergestellten Monti-Delikatessen. 

Den Rest der Zeit vergnügten wir uns mit Kreuzworträseln (Wie heißt der rechte Zufluss der Donau?), ein wenig Gitarre spielen, Lesen und natürlich dem ein oder anderen Gespräch. 

Als wir in Hamburg ankamen, war es bereits später Abend und wir warteten erst auf dem einen, dann auf einem anderen Gleis auf den Zug nach Kopenhagen.

Pfadfinder Deutscher Pfadfinderbund Mosaik, Kartenspiel, Zug
Foto von xena (Kira Andrea)

Leider kam der Zug nicht. Beziehungsweise es kam schon ein Zug, aber erstens viel zu spät und zweitens nicht nach Kopenhagen. Ohne irgendeine Information änderte sich die Zugbeschilderung von "Kovenhagen" zu "Fredericia", während die Zugnummer gleich blieb. Auch schien der Zug deutlich kürzer zu sein, als erwartet.

Wir stiegen in den reservierten Wagen ein und setzten uns irgendwie hin. Nach einiger Zeit machte der Zugbegleiter die Durchsage, dass die Wägen falsch beschildert wären und in genau umgekehrter Reihenfolge aufgereiht seien. Es war ein Heidenspaß, als der gesamte Zug die Plätze tauschen musste.

Als wir saßen aßen wir noch ein paar Kekse, sprachen der sichtlich gestressten klaus ein wenig Mut zu und wenigstens ein paar von uns konnten die Augen etwas zu machen.

Pfadfinder Aachen, Sommerfahrt Schweden, Pfadfinderinnen
Foto von xena (Kira Andrea)

Natürlich mussten alle wieder wach werden, als die dänische Polizei uns an der Grenze kontrollierte, inklusive Blick auf den Lichtbildausweis, sowie in das Gesicht jeder Person, die mit uns reiste. Ich bin in einem Europa der offenen Grenzen aufgewachsen - es fühlte sich an, als wäre die Idee der europäischen Gemeinschaft verraten worden.

Kurze Zeit später hieß es "Fredericia - Endstationen!" und wir mussten alle aussteigen. Schienenersatzverkehr bis Odense, es gab natürlich nur einen einzigen Bus, der wegen der großen Anzahl von Bahnreisenden sofort voll war. Wir und noch eine handvoll anderer Menschen, sowie einer fürchterlich herumpöbelnden Dänin, waren im Nirgendwo gestrandet.

Immerhin bekamen wir Zugang zum warmen und noch stehenden Zug, Kaffee, Tee und Schokolade als Entschädigung. Trotzdem mussten wir lange warten, bevor der bereitgestellte Bus aus Odense wieder bei uns war und uns durch die dänische Prärie transportierte.

Pfadfinder Aachen, Wimpel, Sommerfahrt, Rucksäcke
Foto von xena (Kira Andrea)

In Odense wurde es dann wieder hell und die umherfliegenden Möwen verrieten uns, dass wir uns unweit des Meeres aufhalten mussten. Die nächste Bahn brachte uns nach Kopenhagen. Die arme klaus musste im Bahnhof zum Schalter rennen, und klären wie wir weiterkommen würden. Das ging relativ fix und alsbald saßen wir bereits im Zug nach Malmö. Interessant diese dänischen Menschen: die Zugbegleiterin wies uns genau an, wo wir sitzen durften und wo nicht, und natürlich wo wir unser Gepäck verstauen durften und wo nicht.

Bald schon fuhren wir über die große Brücke, die Dänemark und Schweden verbindet und waren bald im Hauptbahnhof Malmö angekommen. Endlich: schwedischer Boden unter unseren Füßen! Doch viel Zeit hatten wir nicht, denn von Malmö aus fuhr natürlich auch nur ein Schienenersatzverkehrbus, von dem das Personal nur die grobe Richtung wusste, aus der dieser abfahren würde. Klaus rannte herum und sprach auf dem riesigen Busabfahrtplatz jede busfahrende Person an. Irgendwann hatte sie dann den richtigen Bus gefunden und wir konnten das Gepäckfach komplett befüllen.

Aachener Pfadfinder, Sommerfahrt, Schweden
Foto von xena (Kira Andrea)

Der Schienenersatzverkehrbus fuhr mit uns nach Hässleholm. Zumindest konnten wir schon einen Eindruck von der schwedischen Landschaft gewinnen: Seen, Wasser, Wälder, Natur so weit das Auge reichte. Im Bus gab es Apfelspalten für alle und das praktischste war, dass die Kerne und die Kammern in der Mitte alle nicht in Mülleimer, sondern alle in der klaus (EO EO) landeten.

In Hässleholm hatten wir dann ein wenig Aufenthalt und konnten lecker Frühstücken, die Toiletten benutzen und unsere Wasserflaschen auffüllen. Die Fußgängerzone liegt unweit des Bahnhofes, weshalb spinne, Felix und ich einen kurzen Abstecher dorthin wagten. Wir waren sehr beeindruckt davon wie sauber der Boden, die Bänke, einfach die ganze Stadt ist. Schwedische Städte sind mit Köln oder Aachen gar nicht zu vergleichen.

Pfadfinder Aachen, Rucksack, Rover, Gitarre, Schweden Sommerfahrt
Foto von xena (Kira Andrea)

Aus Hässleholm traten wir nun endlich unsere letzte Etappe an und bekamen einen Zug der uns direkt nach Linköping bringen sollte. Im Zug gönnte ich mir einen Kaffee und war begeistert, dass es mit zweiundzwanzig Kronen gar nicht so teuer war. Und das beste: man durfte sich den Becher so oft wieder auffüllen, wie man wollte. Leider schlief ich mit dem Becher in der Hand sofort ein, als ich im Abteil Platz genommen hatte.

Endlich erreichten wir Linköping und nach einer kurzen Wanderung aus dem Bahnhof raus konnten wir einen Anfangskreis machen. Wir waren mittlerweile länger als vierundzwanzig Stunden unterwegs gewesen, hatten in einer nicht enden wollenden Odyssee acht verschiedene Transportmittel benutzt und waren trotzdem bester Laune endlich ins Abenteuer zu starten. Wir sangen "Kiefern im Wind" auf schwedisch aus unseren Fahrtenheftchen, kamen einen Moment zur Ruhe und verabschiedeten uns dann voneinander. Während die Anderen bereits einen Plan und sogar eine Karte hatten fragte klaus sich ein wenig durch und wir erfuhren von einem in der Nähe befindlichem Naturpark mit Lagerfeuermöglichkeit.

Pfadfinder Aachen, Rover, Rucksack
Foto von xena (Kira Andrea)

Es dauerte etwas, bis wir auf den richtigen Pfad kamen, da wir eine eher gröbere Beschreibung des Weges hatten. Unterwegs festigte sich unser erster Fahrtenohrwurm: "Hundi" von Alexander Marcus. Ein traumhaftes Lied, über des Menschen besten Freund.

Um zu unserem potentiellen Lagerplatz zu kommen mussten wir quer durch Linköping laufen. Dabei staunten wir nicht schlecht, als wir durch eine sozial schwächere Gegend der Stadt kamen: überall standen Blumenkübel mit kleinen bunten Pflanzen darin herum, die Straße war so sauber, dass man von ihr hätte Essen können, die Häuser waren zwar funktionell, aber mit Liebe fürs Detail gestaltet. Schweden begann uns mehr und mehr zu gefallen. 

Als Orientierungspunkt hatten wir den Coop Supermarkt genannt bekommen, den wir nach circa einer Stunde Wanderung auch fanden. Zu unserer Überraschung hatte er nicht geschlossen, sondern war geöffnet. Während wir die mittlerweile zu Krümeln zerfallenen Muffins, die xena extra für uns gebacken hatte, zu Bällen zusammenkneteten gingen spinne und klaus noch ein wenig Gemüse einkaufen. Wir konnten nach dem verspeisen der Muffin-Bälle noch unsere Wasserflaschen auffüllen und machten uns dann auf den Weg ins Smedstad (Smegstadt!) dams Naturschutzgebiet.

Pfadfinder Aachen, Hordenpott,Lagerfeuer
Foto von xena (Kira Andrea)

Ohne Karte zu wandern ist schwer, weshalb wir erstmal circa fünfzig Meter an unserem Schlafplatz vorbei liefen , um diesen eineinhalb Stunden später dann endlich zu finden. Mittlerweile waren die Mücken herausgekommen, um uns in Schweden willkommen zu heißen. An unseren mit Anti-Brumm eingeriebenen Körpern fanden sie dann aber schnell kein Interesse mehr.

Für die Nacht gab es eine Schutzhütte, mit abgelagertem Feuerholz, einem großen Tisch und einer Feuerstelle. Das Wasser für die Nudeln nahmen wir aus dem kleinen Bach gleich in der Nähe.

Wir genossen einen langen Abend bis tief in die (niemals richtig dunkel werdende) Nacht und starteten mit unerwartet tiefgründigen Gesprächen, nach der langen Anreise.


Tag 3: Von Linköping über Norrköping nach Flen (FLIENNE!!!)


Aachener Pfadfinder, Sommerfahrt Schweden, Roverrunde Atlas
Foto von xena (Kira Andrea)

Wir starten den Tag mit einem üppigen Bad im knöcheltiefen Wasser des Baches. Es gab Reste vom Vortag und Müsli. Wir packten unsere Sachen, räumten den Lagerplatz auf und machten uns daran zurück zum Coop zu kommen. Von dort aus folgten wir der langen Hauptstraße bis ins Stadtzentrum von Linköping. Es war erstaunlich viel los und wir mussten natürlich noch unsere Euros in Kronen tauschen. Spinne hatte leider noch nicht ganz herausgefunden, wie sein Wassersack richtig zu geht. Wir wollten nach einer Wanderkarte und einer Angelrute schauen. Stattdessen fanden wir Felix und Tim auf dem zentralen Platz in der Stadt. Das war sehr komfortabel, weil sie uns gleich sagen konnten, wo die Wechselstube ist. Sie brachten uns noch bis dorthin und schon mussten sich unsere Wege ein zweites Mal trennen.

Pfadfinder Aachen, Rucksäcke, Wanderkarte, Norrköping
Foto von xena (Kira Andrea)

 

 

 

 

 

 

 

 

Nun konnten wir uns zum Hauptbahnhof begeben. Ernüchtert stellten wir fest, dass man in Schweden Bahntickets nur mit einer Kreditkarte bezahlen kann. Zum Glück hatte klaus ihre dabei, sonst hätten wir nach Norrköping wandern müssen. Wir buchten ein paar Tickets, aßen unsere Schoko-Reis-Waffeln und begaben uns in den Zug auf die kurze Fahrt nach Norrköping. 

Dort angekommen stellten wir fest, dass Norrköping eine wunderschöne Stadt ist: ein super aufgeräumter und sauberer Bahnhof, direkt davor gepflegte Parkanlagen, Grünstreifen, Bäume. Wir setzten unsere Rucksäcke auf und versuchten eine Touristeninformation zu finden.

Pfadfinder Aachen, Sommerfahrt Schweden, Norrköping, Rucksäcke, Gitarren
Foto von xena (Kira Andrea)

Durch die Stadt fließt ein Fluss und nachdem wir diesen über eine Brücke passiert hatten folgten wir dem Flussverlauf ins Stadtzentrum. Wir stellten fest, dass Norrköping mal viele Industrieanlagen besessen haben musste, die aber mittlerweile in Museen, Wohnhäuser und hippe Startup-Bürogebäude umfunktioniert worden waren. Wir irrten etwa eineinhalb Stunden umher, bis wir auf die Idee kamen und jemanden nach der Touristeninformation fragten. Niemand wusste wo die Touri-Info war, aber immerhin wurde uns der Weg zu einem Büchergeschäft und einem Supermarkt erklärt. Spinne fand später heraus, dass die Touristeninformation geschlossen wurde, weil Schweden das alles mittels App digitalisiert hatte.

Pfadfinder Aachen, Wanderkarte, Sommerfahrt, Rover
Foto von xena (Kira Andrea)

Klaus und ich erstanden eine Wanderkarte. Wir hatten uns im Vorfeld ein Gebiet etwas nördlich von Norrköping herausgesucht, in dem wir gerne Kanu fahren würden. Später erfuhren wir, dass das die letzte Wanderkarte für das Gebiet war und die anderen Gruppen im gleichen Bücherladen nach der gleichen Karte gesucht hatten. Aber manchmal ist das Leben wie eine Kunstwerkstatt: wer zuerst kommt malt zuerst!

Im Netto nebenan nahmen wir uns Zeit und fingen an die Preise zu vergleichen. So eine Kanutour ist teuer und wir wollten das Fahrtenbudget nicht sprengen. Daher kauften wir Müsli für morgens, Knäckebrot und Ajvar für mittags sowie Reis und Nudeln mit Gemüse für abends ein. Da wir nur zu viert wanderten war unser Proviant auch vom Packmaß her ideal gewählt.

Pfadfinder Aachen, Wimpel, Sommerfahrt, Gitarre, Norrköping
Foto von xena (Kira Andrea)

Eine Gemeinsamkeit zwischen Deutschland und Schweden ist es, dass die gekauften Plastiktüten so dünne Träger haben, das man seine Hände die nächsten Stunden nicht mehr spüren kann. Es wird wirklich Zeit Plastiktüten generell abzuschaffen. Für uns hatten diese allerdings einen kleinen Vorteil, denn so konnten wir Öl und Butter darin einpacken und sicher gehen, dass unsere Rucksäcke nach der Fahrt nicht so riechen, wie meiner es bereits seit 2 Jahren tut. Es gibt nichts schlimmeres als den Geruch von ranziger Butter.

Mit prall gefüllten Rucksäcken wanderten wir zurück zum Bahnhof. Besonders klaus sah eher wie ein Schwertransporter, als wie eine Wandersfrau mit Rucksack aus. Von Norrköping nahmen wir die Bahn nach Flen. Lachen mussten wir, als der Bahnfahrer Flen aussprach: es klang eher wie eine osteuropäische Stadt ("Flienne"). Nach einer halben Stunde kamen wir in Flen an und erfuhren von zwei Männern, dass man am See südlich der Stadt zelten konnte.

Pfadfinder Aachen, Sommerfahrt, Wanderkarte, Rucksack, Halstuch, Norrköping, Schweden
Foto von xena (Kira Andrea)

 

 

 

 

 

 

Was sie uns nicht gesagt hatten war, dass dort ein beliebter Angelspot war und am See entweder direkt eine Landstraße entlangführte, oder Angler an Angler dicht gereiht am Ufer saß.

Wir schwärmten aus. Die Dämmerung war mittlerweile angebrochen und die Mückenstunde hatte geschlagen. Ich lief circa eine halbe Stunde lang die Straße am See weiter entlang, als ich an ein großes, eisernes Tor kam. Ich war gerade hindurch gegangen, als mir drei Personen mit einem Hund entgegenkamen. 

Svenja erklärte mir, dass ich mich auf dem Gelände des schwedischen Königs befinden würde und leider wieder zurück gehen müsste. Da sie aber auch in meine Richtung wollten, würden sie mich begleiten. Wir redeten einige Zeit über Schweden und den Unterschied zu Deutschland. Ihrer Meinung nach ist Deutschland wunderschön und wir hätten dort ja schließlich auch die Autobahn! Ich empfahl ihr mal nachmittags unter der Woche eine Tour von Köln aus über die A4, die A1 und die A3 zu machen.

Lagerfeuer, Hordenpott, Pfadfinder, Sommerfahrt Schweden, Monte Verita Aachen
Foto von xena (Kira Andrea)

Das schöne war: sie ist auch Pfadfinderin und konnte uns ein Stück Wiese im Wald zeigen. Natürlich war dieses Stück Wiese genau dort, wo wir uns getrennt hatten und den Weg den ich gegangen war hätte ich mir eigentlich sparen können. Aber das ist ein Teil der Essenz der Pfadfinderei: wenn ich diesen Weg nicht gegangen wäre, dann hätte ich sicher nie erfahren, dass es in Flen einen Angelladen gibt, dass eine leicht giftige Schlangenart in Schweden lebt, oder dass man mir ansieht, dass ich ein Scout-Leader bin. Vielleicht war das auch nur die charmante Version von "Du siehst alt aus!".

Mittlerweile war es so dunkel geworden, wie es in Schweden sein kann, und während xena und spinne ihre Pentagon-Kohten-Aufbautechnik verfeinerten fing klaus an zu schnibbeln und ich kümmerte mich um ein Lagerfeuer.

Eine besonders schöne Sache an Schweden ist das Jedermannsrecht: es besagt, dass man mit fünfzig Metern Abstand zu einer bebauten Fläche zelten darf und ein Lagerfeuer anzünden darf. Deshalb gab es keinen Moment bei dem die klassische deutsche Fahrtenparanoia ("Dürfen Sie hier eigentlich Feuer machen?") ausbrach.

 

Nach einem köstlichen Mahl verbrachten wir unsere erste Nacht in der Kohte.


Tag 4: Simmer Glücklich? Willi? Simmer Glücklich?


Pfadfinder Aachen, Frühstück, Hordentopf, Sommerfahrt Schweden, DPBM
Foto von xena (Kira Andrea)

 

 

 

Da wir vier Atlanten bereits in den ersten Tagen festgestellt hatten, dass wir große Badenixen und Badenixer(?) sind startete der zweite Tag mit einem prä-frühstücklichem Spaziergang zur Angelstelle am See. Dort wagten wir den Sprung ins kühle Nass der schwedischen Seenwelt. In heller Vorfreude auf den Angelladen begutachteten wir die besten Spots am See und überlegten, wie man hier am schnellsten an ein leckeres Fischfilet kommen würde.

Wir wunderten uns noch eine Weile darüber, welcher Hund erst auf den einzigen hohen Stein in der Umgebung klettern würde, um dort einen Hundehaufen abzulegen und ebenfalls darüber, wieso man den danach nicht wegmachen kann, und gingen nach dem Müsli-Frühstück einkaufen. Bereits auf dem Weg trafen wir eine nette Schwedin, die sich mit uns über unser Tagesziel unterhielt, über die schwedische Natur, aber auch darüber wie schön Norwegen ist und wie sie ihre Zeit in Deutschland genossen hat.

Als erfahrenes Schweden-Einkaufsteam füllten klaus und ich unseren Nudel, Reis, Ajvar, Knäckebrot und Müslivorrat auf - schließlich wussten wir, dass dies der letzte Supermarkt für die nächsten drei Tage war.

Pfadfinder Aachen, Großfahrt Schweden, Mittagspause, Wandern
Foto von xena (Kira Andrea)

 

 

 

 

Den Angelladen fanden wir gleich gegenüber. Für zweihundert Kronen erstanden wir die billigste (und preiswerteste!) Rute, die wir finden konnten. Flen ist übrigens keine besonders schöne Stadt, sondern eher eine lang gezogene Straße mit großem Industriegebiet. Als wir unsere Rucksäcke schwerst beladen und ausgereizt hatten ging es dann endlich los. An der Straße entlang Richtung Skebokvarn, wo wir uns die Kanus ausleihen wollten.

Zunächst einmal mussten wir ein paar Kilometer durch die Stadt wandern, ehe wir eine gefühlt unendlich lange Straße bergauf gehen mussten. Wanderwege Fehlanzeige! Der Grünstreifen an der Straße war unsere einzige Option. Etwas ruhiger wurde es, als wir von der Fernstraße runter und auf der Landstraße nach Skebokvarn wandern konnten. Auf der rechten Seite gab es riesige akkurat gemähte Felder zu bestaunen, auf der linken Seite Bahngleise und zwischendurch immer wieder Linienbusse, denen wir sehnsüchtig hinterherschauten. 

Schwedisches Haus, Pferdehof, Skebokvarn Schweden, Pfadfinder Aachen Sommerfahrt
Foto von xena (Kira Andrea)

Zu Mittag rasteten wir an einem Pferdehof (was natürlich besonders für mich richtig toll war!) und tranken unsere Siggflaschen leer. Es ging weiter einige Kilometer an der Straße entlang, ehe es verdammt steil einen Berg hinauf ging. Dahinter sollte Skebokvarn liegen, weshalb wir unsere Kräfte nochmal mobilisieren konnten. Trotzdem war es nicht besonders leicht bei dem Gepäck was wir auf unsere Rücken geschnürt dabei hatten.

Als wir den Berg passiert hatten waren wir am Dorfeingang. Da das Dorf sich allerdings an einer Straße entlang zog waren wir noch nicht richtig da. Trotzdem machten wir erstmal eine mittägliche Knäckebrot und Ajvar Pause, einfach im Graben neben der Straße.

Danach ging es etwa 150 uneinsehbare Meter weiter, bis wir am Ziel ankamen: dem Kanuverleih!

Kanuverleih Skebokvarn, Pfadfinder Sommerfahrt Aachen Monte Verita
Foto von xena (Kira Andrea)

Für mich war es wie eine ungewisse Reise in die Vergangenheit. Bereits 2007 war ich mit meinem alten Stamm auf Sommerfahrt in Schweden. Wir hatten eine Kanutour gemacht und einige meiner liebsten Fahrtengeschichten sind auf dieser Fahrt entstanden. Vor unserer Großfahrt habe ich stundenlang auf Google Maps nach einem See gesucht, der so aussieht, wie ich es mir vor zwölf Jahren gemerkt haben wollte. 

In Schweden nach einem See zu suchen, von dem man nur noch die ungefähre Form weiß, ist wie einen besonderen Heuhalm in einem Heuhaufen zu suchen. Es war echt schwierig! Aber ich war mir zu neunzig Prozent sicher, dass ich den richtigen See gefunden hatte und den Kanuverleih gleich auch.

Trotzdem war ich skeptisch, als wir nach Skebokvarn kamen. Sicher war ich mir erst, als wir den Entschluss fassten und den Kanuladen betraten. Eigentlich wollten wir noch eine Nacht auf dem Festland schlafen, doch kurzerhand dachten wir, wir könnten uns ja schon einmal ankündigen.

Kanuverleih Skebokvarn, Schweden, Schwimmwesten, Paddel
Foto von xena (Kira Andrea)

Es sah alles aus wie vor zwölf Jahren: die lange Theke, die Eistruhe, die mittlerweile in die Jahre gekommene Karte. Recht freundlich fragte uns der Man am Tresen, wie er uns helfen konnte. Als klaus nach den Kanus fragte entgegnete er prompt, dass er uns nicht helfen konnte, denn sie wären komplett ausgebucht.

Verdammt. All die Mühe umsonst. Den Weg an der Straße hätten wir uns auch einfach sparen können. Und was sollten wir jetzt hier im Niemandsland machen? Wir hatten uns monatelang auf die Zeit auf den Kanus gefreut und jetzt so eine Ernüchterung.

Zur Sicherheit fragte er nochmal bei seiner Chefin nach. Als er nach einer Viertelstunde wiederkam schaute er uns an und sagte: "Ihr kriegt eure Kanus. Aber ich will, dass ihr heute schon aufbrecht!".

Kanuhaijk Sommerfahrt, Baven See Schweden
Foto von xena (Kira Andrea)

Später erklärte er uns, dass am nächsten Tag einige Schulklassen vorbei kämen und er alle Hände voll damit zu tun haben würde, diese abzufertigen. Wir hatten bereits sieben Uhr abends, weshalb wir für diesen Tag nichts zahlen mussten. Wir bekamen eine kurze Einweisung in die Funktion des Kanus, wurden mit Schwimmwesten und Schwämmen ausgestattet und machten uns abfahrbereit. Den Mitarbeiter aus dem Kanuverleih wunderte es, dass wir keine wasserdichten Säcke dabei hatten, weil er immer dachte, dass jede*r Deutsche mit so einem Sack geboren werden würde.

Dann waren die Kanus auch schon ins Wasser gelassen, unser üppiges Gepäck hatte darin Platz gefunden und wir starteten auf dem kleinen Rinnsal durch den schwedischen Urwald. Überall links und rechts von uns hörte man das Summen von Insekten, das Zirpen von Grillen und es sah wie in den Mangroven aus. Die Bäume erinnerten mich an xena und klaus, wie sie am morgen etwas höher als der Wasserspiegel gestanden hatten, und vorsichtig einen Zeh nach unten streckten, um die Wassertemperatur mit der kleinsten Körperfläche, die möglich war, zu messen.

Insel Baven-See Schweden, Wald und Fels, Pfadfinder Sommerfahrt
Foto von xena (Kira Andrea)

Wir verließen den schwedischen Dschungel und fanden uns auf dem ersten kleineren See wieder. Der See an dem ich identifiziert hatte, dass es hier sein musste. Skebokvarn hatte sich in den letzten zwölf Jahren verändert. Es gab viel mehr neue Häuser mit direktem Seezugang und an der öffentlichen Badestelle, an der wir auf der letzten Fahrt geschlafen hatten, gab es jetzt Pontons, von denen man ins Wasser springen konnte, aber klettern sollte.

Mir schossen einige gute Erinnerungen durch den Kopf, zumindest in den Momenten in denen klaus und ich das Gleichgewicht unseres Kanus gut halten konnten. Das war anfangs ein größeres Problem als wir angenommen hatten.

Als wir den See durchpaddelt hatten kamen wir über eine winzige Verbindung in den nächsten See, der dann schon deutlich größer war. Auch wenn es zunächst eine Umstellung war auf dem Wasser zu navigieren fanden wir hinter zwei Vogelschutzinseln eine Insel, auf der man Schlafen können sollte.

Pfadfinder Monte Verita Aachen, Kanu, Insel, Rucksack
Foto von xena (Kira Andrea)

Wir setzten klaus ab, damit sie sich die Insel anschauen konnte. Uns erinnerte sie an Lagertha, eine Wikingerkriegerin, die bereit war eine neue Insel zu erobern. Auf der Insel war Platz für eine Kohte, genug Feuerholz, sowie ein guter Zugang zum See. Monti-Island 1 war annektiert! 

Wir machten fest und während die Anderen arbeiteten, also die Kohte aufbauten, ein Feuer machten und kochten machte ich die Angel bereit, baute alles zusammen und begann damit den Raubfischen des Sees nachzustellen. Natürlich fiel es mir schwer mein schlechtes Gewissen abzustellen und die Anderen, die sich jedoch nie beschwerten, arbeiten zu lassen.

Es gab keinen Fisch zu Abend, dafür aber Couscoussalat. Eigentlich wollte spinne gerne Hirsesalat machen, was nur leider nicht möglich war, da es keine Hirse im Supermarkt zu kaufen gab. Auch die von ihm bereits als "optional" gehandelte Minze hatten wir nicht gefunden. Trotzdem mundete uns der Couscoussalat vorzüglich! Nach dem Essen waren wir bereits alle so müde, dass wir teilweise am Lagerfeuer einschliefen. Das ist dann der Zeitpunkt, an dem es heißt das Feuer zu löschen und sich in die Kohte zu begeben. 

Auf einem bequemen Bett auf Fichtennadeln zu liegen, während man auf seiner eigenen, einsamen Insel wohnte, fühlte sich grandios an. Endlich waren wir richtig auf der Fahrt angekommen und wahrhaftig glücklich.


Tag 5: Ist der erste Fang ein Barsch, ist der ganze Tag im...


Pfadfinder Sommerfahrt, Feuer löschen, Kaffee kochen
Foto von xena (Kira Andrea)

 

 

 

 

Mit einer Fahrtenyogarunde starteten klaus, xena und spinne in den Tag. Ich möchte das Fahrtenyoga nicht mehr missen, denn es heißt, dass ich eine halbe Stunde weiter snoozeln kann. Anschließend schwammen wir eine Runde durch unseren See, bevor es frisch gebrühten Cowboykaffee und Müsli zum Frühstück gab. 

Wir packten unsere Kanus und machten uns in der gleichen Besetzung wie am Vortag auf in Richtung Sparreholm. Warum Sparreholm? Sparreholm ist die nächste Stadt, in der es eine Einkaufsmöglichkeit gibt und von Skebokvarn etwa drei Tage entfernt. Mit dem Kanu versteht sich!

Die Natur ist einfach atemberaubend. Dichte Wälder, klares Wasser, wolkenloser Himmel, und der Baven an sich. Baven so heißt das Seengebiet. Es wäre möglich hier eine Kanutour über fünfhundert Kilometer zu machen, wenn man sich nur am Ufer entlang hangeln würde.

Pfadfinder Kanufahrt, Schweden, Baven, DPBM
Foto von xena (Kira Andrea)

Es gibt dreihundertfünfundsechzig Inseln, also für jeden Tag des Jahres eine, und der Baven ist wie ein Labyrinth aus vielen kleinen Seen aufgebaut. 

In Näsby, von uns liebevoll nur Nasty genannt, machten wir Mittagspause und füllten unsere Wasservorräte auf. Ich konnte ein paar Baby-Barsche an den Haken kriegen und fand heraus, dass den Barschen der in der Sonne blinkende Spinner, am liebsten war. Spinne hatte leider großes Pech, da die gekaufte Butter sich im Lebensmittelsack ausgebreitet hatte, weshalb er lange damit beschäftigt war, den Sack halbwegs sauber zu bekommen.

Am Nachmittag machten wir ein gutes Stück Strecke. Besonders ein großer See, auf dem wir heftigen Gegenwind hatten, machte unseren Kräften zu schaffen. 

Sonnenuntergang See Baven Schweden
Foto von xena (Kira Andrea)

Gegen Abend erreichten wir eine Insel, die deutlich flacher war, als Monti-Island 1. An einem Ausläufer machten wir fest und beschlossen unter freiem Himmel zu schlafen. Eine bemooste Lichtung im Wald bot und freie Sicht auf die Sterne.

Klaus und ich nutzten die letzten Stunden Sonnenlicht des Tages, um ein paar Würfe zu machen. Und wir hatten Glück: ein Barsch in Portionsgröße ging uns an den Haken und wurde Teil unseres Abendessens. Leider gestaltete sich die Landung der Fische an den felsigen Kanten etwas schwierig, da wir ja auch keinen Käscher dabei hatten. So passierte es, dass ein sehr großer Barsch nach minutenlangem Drill am Rand des Felsens ausstieg. Ich biss mir innerlich auf die Zunge!

Pfadfinder Lagerfeuer Singerunde, Gitarre
Foto von xena (Kira Andrea)

 

Nach dem Essen nutzten wir das prasselnde Lagerfeuer dazu ein paar Fahrtenlieder zu singen. Und was würde sich wohl eher eignen, als Lieder aus der dj.1.11 zu singen. Besonders die Lieder von tusk entfalten ihren Zauber erst richtig, wenn man auch wirklich in Schweden ist. "Kiefern im Wind", "Über meiner Heimat Frühling", oder "Nordwärts" haben mir schon immer mehr bedeutet, als die üblichen Gassenhauer einer bündischen Singerunde. Ihren inneren Glanz konnte ich jedoch erst in Schweden spüren - und wie ich es gerade schreibe merke ich, wie mein Herz von Sehnsucht erfüllt in die Ferne schielt.

 

Lagerplatz Insel, See Baven Schweden
Foto von xena (Kira Andrea)

Tag 6: Wasch los, Digga Atlas!


Pfadfinder Schlafplatz Sommerfahrt
Foto von xena (Kira Andrea)

Yoga, Schwimmen, Kaffee, Müsli - unsere morgendlichen Rituale fingen an sich zu festigen. Was sich nicht festigte waren die Kanubesatzungen. Spinne und klaus tauschten die Positionen, weshalb es mir vergönnt war mein Ruder mit einem der edelsten Menschen durchs Wasser zu ziehen. Unseren Roverrundenwimpel befestigten wir gut sichtbar in der Mitte des Kanus und dann stießen wir in See. 

Wir hatten bereits so gut Strecke gemacht, dass für heute Sparreholm auf der Agenda stand. 

Wir legten in einer Bucht an und xena und spinne machten sich auf zum Einkaufen. Währenddessen machten klaus und ich ein paar Würfe. Leider misslang ein Wurf, weshalb klaus sich bei der Köderrettung einen nassen Hintern holte. Aber ein wenig Baby-Barsch versüßte uns den Tag und wir fingen auch mal mit einem Wobbler etwas, statt nur mit dem Spinner.

Pfadfinder Wimpel Insel
Foto von xena (Kira Andrea)

Als spinne und xena zurück waren gab es Reis vom Vortag, Knäckebrot mit Ajvar und zum Nachtisch plünderten wir einen Himbeerstrauch. Sehr nett waren auch noch die Imbissbudenbesitzer, die uns geduldig all unsere Wasserflaschen und Wassersäcke auffüllten, obwohl wir nichts bei ihnen kauften.

Mittlerweile hatten wir festgestellt, dass Kanu fahren ziemlich anstrengend ist, daher mussten wir nicht lang zögern, als wir Monti-Island 3 entdeckten. Diese Insel war deutlich größer als die bisherigen, weshalb wir sie erstmal umrundeten, um die beste Stelle zu finden. Zunächst versuchten wir es in einer Bucht, doch als xena die Insel gescoutet, äh gepfadfindert, äh ausgespäht hatte, war uns klar, dass wir auf die andere Seite mussten. 

Pfadfinder Aachen Wäscheleine, Sommerfahrt Schweden
Foto von xena (Kira Andrea)

Wir nutzten die Stunden bis zum Abend noch, um unsere Wäsche zu waschen und natürlich aufzuhängen. Doch vorher musste unser Nachtlager schon perfekt vorbereitet sein: propz an Meister spinne! Da wir in der Mittagshitze gefahren waren mussten wir uns erstmal im Schatten erholen.

Vor dem Waschen hatten wir uns natürlich noch eine große Schwimmrunde im herrlichen 24°C warmen Wasser gegönnt. Die größte Badewanne der Welt bot wohl temperierten Badespaß. Wenn man sich ein paar Sekunden nicht bewegte wurde man direkt von einem Schwarm kleiner Fische in das Ökosystem aufgenommen. 

Sonnenuntergang Schweden, Baven See, Pfadfinder Aachen
Foto von xena (Kira Andrea)

Das Ufer war an einigen Stellen recht steil und rutschig, was vor allem den blauen Flecken an klaus Beinen zu gute kam. Trotz der perfekten Verhältnisse hatte kein Räuber Lust auf einen Kunstköder. Angeln heißt Geduld haben, weshalb ich bis zum letzten Sonnenstrahl und darüber hinaus Wurf um Wurf machte. Besonders interessant wurde es immer, wenn die Sonne gerade verschwunden war: Schwärme kleiner Insekten waren nun so dicht über der Wasseroberfläche, dass es aussah, als würde es regnen, weil so viele kleine Fische im See nach ihnen schnappten.

Der Sonnenuntergang mit den verschiedensten Farben wird uns wohl noch für eine lange Zeit im Gedächtnis bleiben. Wir standen und saßen am äußersten Zipfel der Insel und genossen unseren Ausblick.


Tag 7: Großfahrt in die Karibik


Pfadfinder Aachen Kanufahrt Island
Foto von xena (Kira Andrea)

"Die Nacht war nicht allein zum Schlafen da!". Monti-Island 3 hatte sich in der Nacht als fiese Mückenfabrik erwiesen. Besonders in den frühen Abend- und den frühen Morgenstunden waren wir damit beschäftigt uns die Biester vom Hals zu halten. Leider ärgerten wir uns alle sehr über klaus, weil sie sich als Mückenmagnet unserer Fahrt, lieber komplett hermetisch abgeriegelt in ihrem Schlafsack verkroch, als die Märtyrerin zu machen.

Nach dem Frühstück hatten wir gut riechende, halbwegs saubere und trockene Kleidung - welch ein Feiertag! 

Und es wurde noch viel mehr gefeiert an diesem Tag, denn ich durfte endlich mit xena zusammen in ein Kanu! Es war göttlich! Wir verstanden uns hervorragend und kamen in unserer angeregten Plauderei von Pontius auf Pilatus. Eigentlich genieße ich auf Fahrten das Alleinsein, das mit sich selbst kämpfen, den inneren Schweinehund zu fordern und seine Gedanken kreisen zu lassen. Für solche Momente eignen sich besonders lange Wanderungen, oder den ganzen Tag andauernde Kanufahrten. Besser ist nur ein ausgedehnter Plausch mit xena, über die vielen Irrungen und Wirrungen des Lebens.

Feuerstelle, Lagerplatz
Foto von xena (Kira Andrea)

Leider dauerte unsere traute Kanu-Zweisamkeit nicht so lange, wie sie hätte dauern können. Da wir uns bereits auf dem Rundkurs zurück nach Skebokvarn befanden hatten wir nun schon so viel Strecke geschafft, dass wir uns einen halben Tag Pause gönnen konnten. Und vor uns tat sich die wunderschönste Insel der Welt auf: Monti-Island 4! Wir umrundeten die Insel und fanden eine kleine Bucht, in der wir auf kleinen Kieseln aus unseren Kanus aussteigen konnten. Unweit der Bucht (20 Meter vielleicht) war ein perfekter, ebener Lagerplatz, der genau Platz für eine Kohte bot. Es gab eine Feuerstelle und irgendwer hatte tatsächlich gehacktes und abgelagertes Feuerholz daneben aufgeschichtet.

Als die Kohte mit dem direkt daneben bereitliegenden Mast aufgestellt und eingeräumt war nahmen wir uns die Zeit und befassten uns damit, wie man am effizientesten ein Kochfeuer aufbauen und entzünden kann. Die Insel war die idealste Stelle dafür, denn es gab trockenes Moos als Zunder, trockene, brüchige Baumrinde, um Späne und Holzstaub zu machen, dünne kleine Fichtenzweige, die ebenfalls staubtrocken waren und zu guter letzt das abgelagerte Laubholz. 

Anschließend teilten wir uns auf: spinne und klaus hatten Lust noch ein wenig Kanu zu fahren und verknüpften das damit unsere Wasservorräte aufzufüllen. Xena genoss die Zeit und las in unserer Fahrtenlektüre "Das Glasperlenspiel" von Herrmann Hesse. Und ich versuchte etwas für das Abendessen zu fangen.

Fichten in Schweden
Foto von xena (Kira Andrea)

So beangelte ich eine steil abfallende Felskante. Direkt am Ufer konnte man circa vier Meter tief ins Wasser hinunter blicken - es war kristallklar. Leider zogen kurzzeitig ein paar Wolken auf, weswegen die Köderführung des Spinners nicht so attraktiv wirkte wie sonst. Trotzdem gelang es mir ein paar kleine Barsche zu verhaften und einen großen Barsch, den ich bereits fertiggedrillt bis auf den Uferfels gehoben hatte, sprang wieder zurück ins Wasser. Langsam war ich bedienter als Tanzgruppen in Southpark. Klaus und spinne kamen nach kurzer Zeit bereits zurück, denn sie waren in Nasty Wasser holen gewesen, beim selben Haus, wie beim letzten Mal. Klaus schwärmte davon wie gut die Schwedinnen und Schweden Englisch sprechen können.

Schweden Baven See, Kanu
Foto von xena (Kira Andrea)

 

 

 

 

 

 

 

 

Vor allem bekamen sie einen sehr guten Tipp: als ich das letzte Mal auf dem Baven fuhr tranken wir einfach das Wasser aus dem See, weil es Trinkwasserqualität hatte. Der Mitarbeiter im Kanuladen sagte uns darauf angesprochen aber, dass er das nicht empfehlen könnte, weil ja mittlerweile sehr viele Bauern das Gebiet um den Baven bewirtschaften würden, und das seit den sechziger Jahren nicht mehr so gut wäre. Der Tipp, den sie jetzt von den Anwohnenden bekamen war, dass sie das Wasser ruhig trinken sollten, weil die Anwohnenden ebenfalls das Wasser aus dem See trinken würden.

Das heißt, dass wir jedesmal wenn wir Wasser geholt hatten, um nicht das Seewasser trinken zu müssen, Seewasser getrunken hatten.

Vegetation Baven See Schweden
Foto von xena (Kira Andrea)

Klaus schloss sich der Angelei nun an und wir verbrachten einen phantastischen Tag am Wasser. Als die Sonne von der einen Inselseite weg war gingen wir zur anderen Inselseite. Und dort trauten wir unseren Augen nicht, denn wir fanden den Monti Beach. Diese Seite der Insel hatte im Wasser einen sandigen Untergrund und das klarste Wasser, das man sich vorstellen kann. Aus dem Sand ragten kleine Wasserpflanzen auf, wie einzelne Grashalme. Überall gab es Muscheln. Es war so warm, dass wir uns in Badesachen ins Wasser stellten und stundenlang angelten. Wir fühlten uns, als wären wir auf Großfahrt in der Karibik.

Sonneuntergang Baven See Schweden
Foto von xena (Kira Andrea)

Dabei bekamen wir viele Bisse und konnten am Ende auch drei große Barsche landen. Das mit dem Landen war meist etwas schwer, denn wir standen bis zur Hüfte im Wasser, weshalb ich die Fische im Wasser landen musste. Als klaus einen mittleren Barsch an der Angel hatte drillte sie ihn direkt zu mir und ich versuchte ihn zu packen. In dem Moment sah ich wie hinter dem Barsch ein großer Schatten auftauchte: ein Hecht. In dem Moment wo ich nach dem Barsch griff schnappte er nach dem Barsch und einen Sekundenbruchteil später zuckten wir beide gleichzeitig zurück. Der Hecht verschwand wieder, ohne den Barsch gefressen zu haben und ich musste weiterangeln, weil der Barsch uns vom Haken gegangen war. Zwei zu null für den Barsch kann man sagen.

Frischer Fisch, Essen Pfadfinder
Foto von xena (Kira Andrea)

Am Ende des Tages putzten wir die Barsche und aßen sie mit Nudeln und Tomatensoße zum Abendessen. Frischer geht es nicht. Schon als es dunkel wurde merkte man, dass wir traurig wurden, weil wir am nächsten Tag unser persönliches Paradies verlassen mussten.


TAG 8: Landratten


Kanuspitze im Bavensee Schweden
Foto von xena (Kira Andrea)

Ich versuchte jeden Moment, den wir langsam an Monti-Island 4 vorbeipaddelten noch in mich aufzusaugen. Jede Bucht, jeder Stein, jeder Baum - ich versuchte mir alles so gut es geht einzuprägen. Dann ging es weiter. Leider verpassten wir die richtige Ausfahrt aus dem Seensystem und fuhren stattdessen zu einem der zahlreichen Wasserschlösser, die in dem Gebiet herumstehen. Der schwedische König war leider nicht Zuhause; aber er hätte ja sowieso erst um eine Audienz bei uns bitten müssen!

So mussten wir einen Teil des Weges wieder zurück fahren, was natürlich besonders schwer fällt: auf Fahrt will niemand einen Weg zweimal gehen müssen. Eine Analogie des Lebens, denn wer beschreitet gerne zweimal den selben Lebensweg? Ein Neuanfang hat seine positiven Seiten, doch von dort aus würde man selten freiwillig nochmal das gleiche tun.

Kanutour Pfadfinder auf Baven See
Foto von xena (Kira Andrea)

So dramatisch schlimm war es dann allerdings doch nicht. Wir kamen wieder mal in Nasty vorbei und füllten unsere Wasserflaschen fast rebellisch einfach im See auf. Wir schafften ein gutes Stück, bis wir sagten, dass wir in der prallen Mittagssonne lieber unter einem schattigen Baum sitzen sollten. Also hielten wir an einer Weide und die gefühlt hunderte von Vögeln stiegen mit einem Mal auf. Wir legten uns in den Schatten unter den Bäumen und waren mit einem mal alle eingeschlafen. Ein Bauer sagte später klaus bescheid, dass er eigentlich Kühe hatte weiden lassen wollen, er hatte sie dann aber wegen uns auf eine andere Wiese geschickt. 

Nach einem Mittagsschlaf gab es dann Knäckebrot mit Ajvar, bevor wir uns zurück in die Kanus setzten und weiter paddelten.

Kanufahrt Pfadfinder Aachen in Schweden
Foto von xena (Kira Andrea)

Wie oft wir davon schwärmten nach Schweden auszuwandern, oder gleich dort zu bleiben, lässt sich im Nachhinein schwer beziffern, aber es war verdammt oft. Dieser respektvolle Umgang, den die Schweden mit der Natur pflegen, die Freundlichkeit, die uns bei jeder Gelegenheit entgegen gestrahlt ist und das warme, aber nicht unerträgliche Klima waren für uns paradiesisch. 

Dann kamen wir wieder an Monti-Island 1 vorbei, wo alles begonnen hatte. Es war etwas schwierig die kleine Ausfahrt im dichten Schilf zu finden, aber wir fanden sie. Und das löste richtige Flashbacks bei mir aus. Zwischendurch hatte ich schon immer mal an die letzte Schwedenfahrt gedacht, aber in dem Moment hatte ich ein ziemlich krasses Déjà-vu.  

Monte Verita Pfadfinder Aachen, Kanuverleih Wanderkarte
Foto von xena (Kira Andrea)

Zurück beim Kanuverleih zogen wir die Boote aus dem Wasser, trugen alles zur Wiese, auf der die Kanus gelagert wurden, machten alles sauber und packten unsere Rucksäcke neu. Wir waren während der Tour praktischerweise dazu übergegangen alle Schlafsäcke in einem großen wasserdichten Sack zu verstauen, damit sie trocken blieben, falls wir kenterten. Genauso lagerten wir unser Essbesteck im großen Hordentopf und die beiden Gitarren waren ebenfalls wasserdicht verpackt.

Klaus spendierte uns nun ein leckeres Eis. Am Tisch auf der Terrasse des Kanuverleihs sitzend ließen wir mit einem Eis in der Hand den Kanuteil unserer Roverfahrt ausklingen.

Kochen auf Feuertonne, Pfadfinder Rover Schweden
Foto von xena (Kira Andrea)

 

 

 

 

 

Dann wanderten wir zur Schwimmwiese von Skebokvarn, auf der wir auch mit meinem alten Stamm schon geschlafen hatten. Auf dem Weg sahen wir auch den Fußballplatz, auf dem wir vor zwölf Jahren gegen die Skebokvarner Dorfjugend gespielt hatten. Als ich mit riddle, der damals ebenfalls dabei war, vor der Fahrt gesprochen hatte, erinnerten wir uns an ein junges Mädchen, die uns damals schwindelig gespielt hatte. Ob sie mittlerweile in der schwedischen Nationalmannschaft spielt?

Angekommen gab es eine feste und sauber Toilette, eine Feuertonne, eine gut gemähte Wiese und - das Highlight für Menschen auf Fahrt - einen Tisch mit einer Bank daneben.

Wir holten Feuerholz und fingen an zu kochen. Eine Frau plauderte mit uns über die Waldbrandgefahr, und erzählte, dass sie früher auch bei den Pfadfindern war, und wenn wir nicht wüssten, wie man mit Feuer umgeht, dann wüsste es eh keiner. Ich nutzte die weitere Zeit, um im Glasperlenspiel weiter lesen zu können. 

Badestelle See, schwimmende Personen
Foto von xena (Kira Andrea)

Nach einem leckeren Abendessen gingen wir natürlich noch Baden und lasen, bis es zu dunkel war, um noch was zu erkennen. Der Geruch von Mückenspray (je nach Sorte Richtung Zitrone, oder Klostein) lag wieder in der Luft. Direkt über unseren Köpfen kreiste eine Fledermaus, die sich mit jedem Kreis den sie zog, eine weitere Mücke wegschnappte. Als es bereits ganz dunkel war kam ein Schwede mit einer Taschenlampe, der die Mülleimer leerte und den Tisch abwischte. Einen besseren Service gibt es nicht.

Wir genossen den freien Blick auf die Sterne und ich konnte eine Sternschnuppe zu Gesicht bekommen.


Tag 9: Kein Hot-Dog unten am Hafen


Das Glasperlenspiel, Herrmann Hesse, Schwedische Badestelle
Foto von xena (Kira Andrea)

Der Tag startete mit Porridge. Man muss ja echt alles mal probiert haben! Wir packten unsere Sachen zusammen, spülten und versuchten den Bus zu erwischen, dessen Zeiten wir uns am Vortag gemerkt hatten. Das gestaltete sich etwas schwierig, weil wir keine Uhren mitgenommen hatten und das Schätzen der Zeit in Schweden ziemlich schwierig ist.

Trotzdem kamen wir so an der Bushaltestelle an, dass es uns nur eine Viertelstunde Wartezeit kostete, damit wir den Bus nehmen konnten. Wir fuhren zurück nach Flen und unterwegs schauten wir uns die verschiedenen Stationen an, die wir nach Skebokvarn gewandert waren. In Flen angekommen mussten wir eine Stunde auf den nächsten Bus nach Norrköping warten. Die Busfahrt war sehr schön, weil der Bus sehr gut klimatisiert war und man in aller Seelenruhe Hesse lesen konnte.

Foto von xena (Kira Andrea)
Foto von xena (Kira Andrea)

Norrköping war immer noch so schön, wie wir es in Erinnerung behalten hatten. Klaus und ich gingen mal wieder auf Shopping Tour. Xena und spinne warteten im Park auf uns. Leider wurde an diesem Tag ein Parkfestival wieder abgebaut, was am Vortag geendet war. Begonnen hatte es einen Tag, nachdem wir aus Norrköping nach Flen aufgebrochen waren. Die schwedischen Superstars auf den Plakaten versprachen einiges.

Leider konnten wir kein Geld tauschen, weil die Banken geschlossen hatten, weshalb klaus die Euronen für das Abschlusslager nicht in Kronen wechseln konnte. 

Hafen Norrköping Schweden
Foto von xena (Kira Andrea)

Beim Karte lesen hatten wir uns darauf geeinigt, dass wir in Aby (ausgesprochen Obi) unser Abschlussessen machen wollten. Aby lag günstig, denn von dort konnte man mit einem Bus bis zum Nationalpark fahren, in dem unser Abschlusslager stattfinden würde. Um kein weiteres Geld in die schwedische Bahn zu investieren wanderten wir in Richtung Aby. Dazu muss man sagen, dass Norrköping eine richtige Stadt ist, deren Ausläufer länger sind, als man sich vorstellen würde. Einige Kilometer mussten wir deshalb durch den Technologiepark von Norrköping zurücklegen. 

Wiesenkräuter
Foto von xena (Kira Andrea)

Als wir es dann aus Norrköping raus geschafft hatten wurde es wieder schöner. An einem Golfplatz bogen wir ab in Richtung Meer. Norrköping liegt am Ende eines Fjordes und deshalb am Meer, obwohl es mitten im Land liegt. Wir stellten uns natürlich innerlich Monti-Beach 2 vor.

Es war heiß und die Sonne brannte vom Himmel. Wir suchten auf der Karte nach kleinen Seen - die zwei die wir fanden entpuppten sich als Mückenteiche. Gegen Abend kamen wir nach Loddby Park. Eine Mischung aus Feriensiedlung, Kleingärtnervereinsgelände und spießigem Reichenviertel. Wir folgten einem Trampelpfad, um einen Lagerplatz zu finden, doch fanden nur einen kleinen, fast stehenden Bach, in dem kein Wasser zu fließen schien, sondern abermilliarden von Mückenlarven.

Lagerfeuer am Meer, Pfadfinder Norrköping
Foto von xena (Kira Andrea)

Klaus fragte an einem Haus, ob die Bewohnenden wüssten, ob wir irgendwo Zelten könnten. Wir bekamen den Tipp es Richtung Meer zu versuchen. Spinne fand später heraus, dass es sich um ein ehemaliges Industriegelände handelte, was mittlerweile komplett zugewuchert war. Die Schwedin, die uns Auskunft erteilt hatte, gab uns noch ein lokales Getränk aus und nachdem wir uns den Platz erst rucksackfrei angeschaut hatten ließ spinne unsere Wasservorräte erneuern und wir schleppten uns zum Meer. 

Leider gab es statt einem Strand eine Kaimauer und ins Wasser ist auch niemand von uns gegangen.

Pfadfinder Monte Verita, Deutscher Pfadfinderbund Mosaik, Buch
Foto von xena (Kira Andrea)

Spinne brauchte länger als gewöhnlich, um die Heringe in den Boden einzuschlagen. Die Moosschicht war vielleicht 3 Zentimeter dick, darunter befand sich Asphalt. Es war ziemlich surreal, weil wir uns wirklich im Wald befanden, dieser aber auf Asphalt gewachsen war. Wir konnten sogar ein Reh sehen, was vor uns weglief. 

Dann gab es Zucchini-Nudeln, die uns für die Anstrengungen an diesem Tag entlohnten. Unser gesammeltes Feuerholz hätte zwar noch für eine Woche Lager gereicht, aber aufgrund der aufziehenden Mückenschwärme gingen wir in unsere hermetisch abgeriegelte Kohte. Dort quatschten wir noch bis tief in die Nacht und lernten uns gegenseitig ein stück weit neu kennen.


Tag 10: Wäre ich Brite, wäre mein Vorname Aby-Geil


Wanderkarte, BuLiBu, Das Glasperlenspiel, Kerze
Foto von xena (Kira Andrea)

Yoga, Kaffee, Müsli - was fehlte war das Waschen. Wir hatten Angst davor uns wegen des Salzwassers einen Wolf zu laufen. Deshalb war klar, dass wir heute so lange wandern mussten, bis wir an einem Fluss, einem Bach, einem See, einem Teich, einem Wasser in dem wir baden konnten, ankommen würden.

Oberhalb von Aby gab es eine solche Badestelle. Doch die Berge über Aby, die wir bereits aus Norrköping sehen konnten, verhießen uns nichts Gutes. 

Zunächst einmal mussten wir wieder an der Straße entlang wandern und entgegen des Rates eines Bewohners aus Loddby Park (der "wegen der Liebe" aus Deutschland nach Schweden ausgewandert war) durch eine Baustelle wandern. Es war bereits richtig heiß und wir wanderten einem Bagger hinterher einen Berg hinauf.

Pfadfinder mit blauen Halstüchern schlafen im Gras
Foto von xena (Kira Andrea)

Dann sahen wir, dass die Brücke, über die uns die Karte führte, leider gerade abgerissen wurde. Kurzer Schock, doch die Bauarbeitenden hatten eine Ersatzbrücke gebaut, die stabil genug war, um ohne Angst darüber zu gehen.

Wir folgten eine zeitlang der Bahnlinie, ehe wir durch ein Waldstück kamen. Am Ende des Waldstückes machten wir eine Trinkpause. Vor uns lag Aby, einen Steinwurf entfernt. Und dann passierte etwas sehr komisches: wir schliefen alle gleichzeitig ein.

Ich wurde vor den Anderen wach und dachte mir nur: "Oh man, was für ein Klischee - wir gehen auf Roverfahrt und da machen wir immer ein Mittagsschläfchen!". 

Also gingen wir weiter und wir kamen recht zügig nach Aby. Im Coop holten spinne und ich zwei Kisten Eis, für eine Gabelrunde auf dem Grünstreifen. Es fühlte sich an, als wären wir am Ziel angekommen. Aby, endlich! Seit dem ersten Tag hatten wir insgeheim von Aby, dem Mekka der ausgehungerten Müsli-Porridge-Knäckebrot Geplagten geträumt.

Monte Verita Pfadfinder Aachen, Wanderkarte
Foto von xena (Kira Andrea)

In Aby selber, so sagte man uns vorher, gibt es nur eine Pizzeria und einen Supermarkt. Ganz so dramatisch war es nicht. Eine Imbissbude begrüßte uns direkt am Ortseingang, doch wir hatten zunächst ein Auge auf den "Aby Krog" geworfen, bis wir ein griechisches Restaurant entdeckten. Die Preise schienen bezahlbar, also reservierten wir für 19 Uhr am nächsten Abend einen Tisch. Das war etwas umständlich, weil der Besitzer kein Englisch sprach und klaus kurzerhand mit seinem Bruder telefonieren musste.

Leider hatten wir noch das Problem mit dem Geld für das Abschlusslager - wir mussten feststellen, dass es in Aby keine Bank gab. Deshalb fuhren klaus und ich kurzerhand mit dem Bus zurück nach Norrköping, um das Geld zu wechseln. Das lief auch relativ problemlos, genauso wie die Rückreise. Trotzdem waren dafür drei Stunden drauf gegangen.

Nadelhölzer, See Schweden
Foto von xena (Kira Andrea)

Als wir zurückkamen war es bereits später Nachmittag geworden. Auch wenn wir die letzten Stunden nicht gewandert waren, war es trotzdem ein sehr anstrengender Tag gewesen. Doch wir mussten baden: wir wussten das, und die anderen Menschen wussten das sicherlich auch. Deshalb fassten wir uns ein Herz und wanderten zur Badestelle. Das Problem war: mehr als hundert Höhenmeter auf zweihundert Metern Wegstrecke. Unsere Rucksäcke waren voll beladen und wir schleppten uns den Berg weiter hinauf. Oben angekommen mussten wir noch ein paar Kilometer auf der Straße hinter uns legen. Doch wir kamen einem Badeort immer näher - ständig fuhren sommerlich gekleidete Personen in ihren Autos an uns vorbei und verstanden, beim Anblick von vier wie Maultieren bepackten Pfadfinderinnen und Pfadfindern, die Welt nicht mehr.

Pfadfinder schneiden Tomaten fürs Abendessen
Foto von xena (Kira Andrea)

Die Badestelle lag direkt an einem großen See und war fürstlich ausgebaut. Es gab mehrere Feuerstellen, Umkleiden, Toiletten, Möglichkeiten, um ins Wasser zu kommen, und einen Platz auf dem wir die Kohte aufstellen konnten. Und es gab einen Tisch mit einer Bank. Jackpot!

Leider war das der erste Platz, der ein wenig dreckig war, weshalb ich damit begann den Platz an dem wir essen wollten, von Müll zu befreien und Zigarettenstummel, Plastikmüll und anderen Unrat zu sammeln. Eine nette schwedische Frau sprach mich daraufhin an und erzählte mir, dass ihr Mann vorhin PET Flaschen aus dem kleineren See hochgeholt hätte. Zur Erklärung: wir zelteten auf einer schmalen Landzunge zwischen einem kleinen See, und einem gigantischen See. Die Frau war sehr herzlich und ihr dazu gerufener Mann erklärte mir, wie wir am besten zu unserem Abschlusslagerplatz wandern könnten und wo es in der Nähe Pfadfinderinnen und Pfadfinder gibt.

Pfadfinder kochen auf dem Lagerfeuer
Foto von xena (Kira Andrea)

Klaus ließ uns wissen, dass sie mit uns nicht essen gehen würde, wenn wir unsere Kluften nicht wuschen. Obwohl wir alle wussten, dass sie nur blufft, folgten wir ihrer "Bitte" und wuschen nochmal unsere Klamotten und uns selbst natürlich auch. Es war einfach herrlich, nachdem wir über vierundzwanzig Stunden nicht mehr im Wasser gewesen waren.

Im Anschluss kochten wir Reis mit Tomatensoße, bevor wir uns in die mückenfreie Kohte legten.


Tag 11: Plötzliches Ende


Pfadfinder spielen Gitarre aus der Kohte
Foto von xena (Kira Andrea)

Und auf einmal prasselte Regen auf die Kohte. Nicht viel, aber genug, dass man es sich dreimal überlegte, ob man den Weg zur Toilette wirklich antreten musste. Es war auf einmal um zehn Grad abgekühlt. Das wärmste Kleidungsstück, das ich dabei hatte, war meine Juja. Die reichte gerade so aus, um nicht frieren zu müssen.

Als wir aufgestanden waren hatte es gerade aufgehört zu regnen und die Sonne trat langsam zwischen den Wolken wieder hervor. 

Ohne darüber zu sprechen hatte uns Lagertha einen Lagerta-g erlaubt (das Wortspiel ist live natürlich besser angekommen, als in Schriftform). Den nutzten wir auch und zwar, damit spinne uns mit seinen Gitarrenkünsten verzaubern konnte. Innerhalb weniger Stunden hatte er zwei Akkorde drauf und konnte uns "Am Ural" vorspielen. Auch xena machte keine schlechte Figur an seiner Saite (:D). 

Pfadfinder spielen Gitarre auf einer Bank
Foto von xena (Kira Andrea)

Außerdem lasen wir Hesse. Einmal damit angefangen war es wie ein Sog, dem man kaum widerstehen konnte. Man versuchte seine Pflichten möglichst schnell zu erledigen, damit man in die Welt des Glasperlenspiels abtauchen konnte. Nachmittags unterhielten wir uns dann über die ersten drei Kapitel und es war sehr anregend zu hören, welche Gedanken die Anderen bei Hesses Gedanken hatten. 

Jedes gute Gespräch braucht natürlich seine Zeit und da klaus und ich auch noch ein paar Dinge zu besprechen hatten nahm auch das zweite Gespräch einiges an Zeit in Anspruch. Als wir wiederkamen fassten wir den Entschluss abzubauen, zu packen, und zum Griechen zu gehen - unser Abschlussessen stand an.

Roverrunde Atlas, Pfadfinder Aachen auf Schwedenfahrt
Foto von xena (Kira Andrea), btw. ist xena die zweite von links!

Wir schätzten, dass es so siebzehn Uhr sein musste. Während des Abbaus schauten wir aber nochmal genauer auf den Stand der Sonne. Es hätte auch bereits neunzehn Uhr sein können. Wir beeilten uns.

Der Weg von der Badestelle zum Restaurant dauerte nur einen Bruchteil dessen, was der Hinweg gedauert hatte. Wir rannten quasi. Ich erinnere mich daran, dass meine Schienbeine vom vielen Trampeln so weh taten, dass ich Teile des Berges rückwärts herunter ging.

Als wir beim Griechen ankam hatte der natürlich geschlossen. Wir hatten kurz nach neun Uhr abends und alle Geschäfte und Restaurants in Aby machen um neun Uhr zu. Das war es mit dem Abschlussessen und die größte Schuld daran traf auch noch mich: falsche Zeiteinschätzung und eine richtige Plaudertasche dazu.

Roverrunde Atlas mit kapitalem Fang
Foto von xena (Kira Andrea)

Machen wirklich alle Restaurants in Aby um neun Uhr zu? Wir wussten sofort, dass es noch einen Joker gab: die Imbissbude am Ortseingang. Wie eine Meerschweinchenfamilie auf Möhrenjagd schlichen wir uns schnell, strebsam, aber wortlos an den Imbiss an. Und siehe da: der Laden hatte bis zehn Uhr auf. Das Glück ist am Ende doch mit den Dummen.

Der Besitzer war Armenier und sprach relativ gutes Deutsch. Er berichtete uns davon, dass circa eine Stunde vor uns bereits Pfadfinder da gewesen wären. "Fünf Frauen und zwei Männer! Aus Aachen! Einer aus Marokko!". Die Sippe Meru schien kurz vor uns da gewesen zu sein. Leider wusste er nicht genau, wo sie danach hingegangen waren.

 

Abschlussessen, Sommerfahrt der Pfadfinder
Foto von xena (Kira Andrea)

Wir gönnten uns reichlich. Und je mehr wir uns gönnten, desto schlechter kam uns die Idee vor, wieder den Berg hinauf zur Badestelle zu wandern. Kurzerhand suchte spinne das Gespräch mit unserem neuen armenischen Freund. Wir durften auf der Terrasse hinter dem Haus schlafen, er lies uns sogar das Bad aufgeschlossen. 

Das ist typische Pfadfinderei: wenn ich jemandem erzählen würde, dass wir unseren letzten Abend damit verbracht haben hinter einer Imbissbude zu schlafen, dann würde mich die Person fragen, was zum Teufel ich daran so toll finde.

In dem Moment fühlten wir uns allerdings wie die Königinnen und Könige dieser Welt.

Imbissbude, Pfadfinder
Foto von xena (Kira Andrea)

Total glücklich, satt und voller guter Gespräche ging unser letzter gemeinsamer Abend als Roverrunde Atlas zu Ende. Wir blickten diesem Ende sehr traurig entgegen - wir hatten uns gerade erst richtig als Gruppe gefunden, im Buch gab es noch einiges zu lesen, und unsere Gespräche hatten in den letzten Tagen eine Tiefe erreicht, die einer Großfahrt würdig ist.

Unter einer löchrigen Wellplastikdach schliefen wir ein.


Tag 12: You need a Medic?


Ungewöhnliches Schlaflager der Pfadfinder
Foto von xena (Kira Andrea)
Schwedisches Frühstück in Aby
Foto von xena (Kira Andrea)

Mit einem Mal waren wir das Organisationsteam vom Abschlusslager und keine Fahrtengruppe mehr. Zunächst tranken wir einen Kaffee und aßen Gebäck und Köttbullar-Brötchen in der Bäckerei Aby. Es schmeckte hervorragend und klaus war sehr spendabel. Gut gestärkt gingen wir nach draußen und dann war der große Moment gekommen, in dem wir uns spinnes Bein anschauen wollten.

Sowas hätte ich wohl geschrieben, wenn vorher jemals die Rede von spinnes Bein (welches von den acht eigentlich?) gewesen wäre. Er lies verlauten, dass ihm sein Bein weh täte. Als wir uns das Teil dann mal anschauten waren wir etwas entsetzt: an seinem Bein hatte sich ein Insektenstich so entzündet, dass dort eine gigantische Beule ragte. Etwa so, wie wenn man einen Handball in der Mitte durchschneiden und sich ans Bein halten würde.

Pfadfinder Wanderkarte Aby
Foto von xena (Kira Andrea)

Wir desinfizierten die blutende und eiternde Wunde und waren gerade im Begriff einen Verband anzulegen, als uns eine junge Frau und ein junger Mann ansprachen. Sie waren beide Ärzte und fragten uns, ob sie uns helfen könnten. Nach kurzer fachmenschlicher Untersuchung empfahlen sie spinne, nein, drängten sie spinne dazu, zu einer Ärztin zu gehen. Das hatten wir ihm zwar vorher auch schon empfohlen, aber jetzt konnte er sich ja schlecht rausreden!

Also ging spinne zum Aby-Arzt und wir besorgten währenddessen eine Genesungskarte, einen PEZ Spender und einen Gummiburger für unser kleines Sorgenkind.

Pfadfinderin schreibt Briefe
Foto von xena (Kira Andrea)

 

 

 

 

 

 

 

Wir übrigen saßen auf der Bank vor der Praxis und warteten auf spinne. Es dauerte circa zwei Stunden. Ein Polizeiauto fuhr etwa zehnmal an uns vorbei, ein Gabelstapler mit einem Wassercontainer auf den Gabeln zweimal. Wir fragten uns, ob die Polizei den Gabelstaplerfahrer suchte. Wir waren alle noch unter Schock wegen spinnes Bein, was sich besonders bei klaus zeigte, die ein plötzliches Interesse für Autolackierungen entdeckt hatte und dies mit einem Pfiff und einem "GUCK MAL XENA!" belegte. Merke: Kopfbedeckung auf die Gepäckliste schreiben.

Als der Patient mit Antibiotika versorgt war kauften wir das Essen für das Abschlusslager ein. Nicht alles, das hätten wir nicht tragen können, aber die ersten vier Mahlzeiten.

Pfadfinder Stamm Monte Verita Aachen auf Fahrt
Foto von xena (Kira Andrea)

Das war allemal schwer genug. Ich hatte die Befürchtung, dass der Weg zum Lagerplatz doch fordernder sein könnte, als bislang angenommen. Dann warteten wir fast eine Stunde auf den Bus. Und als wir in den Bus einstiegen trauten wir unseren Augen kaum: florian, riddle, Frido (zu dem Zeitpunkt mittlerweile fußi) und flomilio (zu dem Zeitpunkt mittlerweile ditto) saßen darin. 

Wir hatten alle großen Redebedarf und jede und jeder wollten den Anderen die coolsten Geschichte und Momente erzählen.

Wir mussten aber bald schon wieder aussteigen. In Klingstad waren wir am Zielort angekommen. Leider gab es keinen direkten Weg zum Lagerplatz, weshalb wir zunächst die Straße wieder zurückwandern mussten.

Pfadfinder Aachen Rucksack packen auf Sommerfahrt
Foto von xena (Kira Andrea)

Wir stellten fest, dass es sich bei dem direktesten Weg, um eine Autobahn handelte. Eine Autobahn die auch noch steil den Berg hinauf führte. Wir wanderten ein Stück weiter und überquerten die Autobahn und standen nun am Rande des Waldes. Es gab zum Glück eine Kartentafel, auf der wir sehen konnten, dass es Wanderwege durch den Wald und in das Naturschutzgebiet, zu unserem Abschlusslagerplatz gab.

Allerdings war es deutlich weiter, als wir zunächst gedacht hatten. Wir passierten die Waldgrenze und sahen uns zunächst mit einem krassen Anstieg konfrontiert. Wieder über hundert Höhenmeter in wenigen Metern Strecke. Fußi biss die Zähne zusammen und kämpfte sich als erster den Berg rauf.

Wanderung der Pfadfinder in Schweden
Foto von xena (Kira Andrea)

Mit den vollen Rucksäcken war es wirklich nicht leicht die Anhöhe zu erklimmen. Dafür wurden wir umso mehr belohnt, als wir oben ankamen. Stille, Wald, ein Waldboden von Blaubeerbüschen übersät (die auch noch alle trugen) und alles in nachmittäglich güldenes Licht gehüllt, das sich hier und dort seinen Weg durch die Baumwipfel suchte.

Endlich mal richtige Wanderwege! Wie leicht es für die Füße auf einmal war auf diesen Pfaden zu laufen. Der Pfad ging auf und ab über Steine, Felsen, Bäche durch schier unberührte Natur. Xena und ich erwischten uns gegenseitig bei dem Gedanken, dass wir uns fühlen, als wären wir im Auenland. 

 

Pfadfinder mit großen Rucksäcken wandern
Foto von xena (Kira Andrea)

Kurz nachdem wir den Parkplatz für Ausflüge zu den Neddre Glottern passiert hatten machten wir Rast. Während wir die Äpfel, die wir noch vom ersten Tag im Rucksack hatten, den Ajvar und das Knäckebrot auspackten, packte die Reisegruppe @BK Kekse aus. Wie die Geier fielen wir über das Proviant der jeweils anderen Gruppe her. Okay, eigentlich fielen wir alle eher über die Kekse her.

Es tat gut die Anderen zu sehen und mit ihnen zu quatschen, Geschichten auszutauschen, sich die Wehwehchen der Gruppenführenden anzuhören und frische Perspektiven aus anderen Teilen von Schweden zu hören.

Wir wanderten eine ganze Zeit weiter, bis die Sippe Meru hinter uns auftauchte und zu uns aufschloss. Jetzt waren wir ein großer Haufen voller quatschender Menschen, die die besten Geschichten von zehn Tagen zu erzählen hatten.

Pfadfinder mit Rucksack und Wimpel auf Wanderung
Foto von xena (Kira Andrea)

Ein paar Stunden später erreichten wir dann die Övre Glottern und mussten nur noch dem Ufer des Sees folgen. Die Natur in diesem Park ist wirklich einzigartig und schwer zu beschreiben. Die wenigen Eingriffe, die von den Menschen gemacht wurden sind so dezent und fügen sich so perfekt ein, dass man nicht den Eindruck hat in einem touristisch erschlossenen Gebiet zu sein. Direkt an unserem Lagerplatz gab es eine Waldsauna. Einfach ein Bretterverschlag mit einem kleinen Holzofen darin, der mittels eines Vorhängeschlosses mit Zahlencode gesichert war. Termine musste man online machen, oder anrufen - dann bekam man den Code.

Mülltonnen gab es nirgendwo. Wer was mit in den Park bringt muss es auch wieder mit raus nehmen.

Pfadfinderküche in der Wildnis
Foto von xena (Kira Andrea)

Am Lagerplatz warteten schon die Syennas auf uns. Alle freuten sich sich wiederzusehen. Wir Atlanten kümmerten uns darum eine halbwegs sortierte Küche einzurichten und die Lagerfeuerstelle von einer Höhe von einem Meter auf eine nicht ganz so lichte Höhe zu bringen.

Dann war Anfangskreis und die Kohten wurden aufgebaut. Spinne und xena waren mittlerweile so fit darin, dass wir uns getrost darauf konzentrieren konnten, Essen zu kochen. Es gab Nudeln mit Gemüsesoße. In die Soße flossen sämtliche Gemüsereste der einzelnen Gruppen hinein. So entstand ein bunter Mix aus gesunden Zutaten. Leider kam es wie es kommen musste und der Nudeltopf fiel von der Lagerfeuerstelle herunter, weshalb wir noch ein paar Kilo Reis nachkochen mussten. Riddle aß später einen Stein, spülte aber trotzdem nicht.

Pfadfinder mit Gitarren am Lagerplatz
Foto von xena (Kira Andrea)

Nach dem Abendessen präsentierte die Sippe Meru ihr selbstgeschriebenes Fahrtenlied und wir versuchten ihnen Mut zuzusprechen, dass sie das auf dem BuSiFe 2020 präsentieren und rasieren werden. Wir kochten noch ein wenig Tee und ließen den Abend ausklingen.

Es war ein seltsames Gefühl. Natürlich freuten wir uns uns alle wiederzusehen. Auf der anderen Seite war die Fahrt jetzt vorbei und das Lager begann. Mir fiel es schwer sofort den Schalter umzulegen.


Tag 13: (h)echte Vikings


Wäscheleine am See
Foto von xena (Kira Andrea)

Das Bad am Morgen entschädigte für eine viel zu kurze Nacht. Unsere Kohte stand mitten im tiefsten Wald, weil die freien Stellen in einem natürlichen Wald begrenzt sind. Der Weg zur Toilette war kurz, der See zum Wasser kürzer.

Zum Frühstück wurde aufgetischt was da war - fast jede Gruppe hatte einen Käse in der Tube dabei gehabt. Es gab Remoulade in mehreren Varianten (z.B. mit Zitrone) und natürlich Kaffee. Das Montiherz war glücklich. Zwischendurch kamen Waldarbeiter auf einem Boot angefahren und lieferten uns Feuerholz. Weil wir so viele waren fuhren sie sogar nochmal zurück und brachten uns noch einen zweiten Sack vorbei.

Nach dem Frühstück ging es los mit unserem großen Abschlusslagerspiel. Orakilian hatte sich eine großartige Geschichte ausgedacht, bei der der große Jarl bibijö alt und gebrechlich ist und seine beiden Töchter Lisagatha (ich fand das hörte sich falsch an, weil wir klaus eh die ganze Zeit Lagertha genannt hatten) und flokian, um die Nachfolge kämpfen. 

Pfadfinder im Wald mit orangen und blauen Halstüchern
Foto von xena (Kira Andrea)

Dazu gab es erstmal Minispiele. Beim ersten mussten Nägel mit der falschen Hand per Beil in einen Holzklotz befördert werden. Spiel Nummer zwei war ein Schnick Schnack Schnuck Turnier (ohne Brunnen natürlich). Im dritten Spiel mussten wir uns untereinander einhaken und versuchen die Kette, die aus unseren Armen entstanden war, zu sprengen, sodass einzelne Personen den Sitzkreis verlassen mussten. Das war richtig Action!

Danach ging es in den Wald, ein Stück außerhalb vom Naturschutzgebiet, um eigene Dörfer zu errichten.

Leider bekamen xena, klaus und ich nicht viel davon mit, weil wir in die Stadt zum Einkaufen mussten. Mit ausgeleerten Rucksäcken wanderten wir los und schafften in Rekordzeit den Weg, für den wir am Vortag über 4 Stunden gebraucht hatten.

Nationalpark Övre Glottern in Schweden
Foto von xena (Kira Andrea)

 

 

 

Auf dem Weg hatten wir drei allerdings nochmal die Gelegenheit die Natur des Nationalparks so richtig zu genießen. Wir schlugen uns die Bäuche an den zahlreichen Blaubeersträuchern voll, bestaunten uralte verwachsene Bäume und hatten Spaß beim Wandern auf dem gut abfedernden Boden.

Blühende Sträucher, Nationalpark
Foto von xena (Kira Andrea)

Von Klingstad nahmen wir den Bus bis nach Aby und gingen dort in den Coop. Wir kauften zwei komplett gefüllte Einkaufswagen voll mit Lebensmitteln und machten im Anschluss eine Müsliriegel Pause. Dann packten wir unsere Rucksäcke voll, in denen wir bereits beim Candy Shop gegenüber zwei volle Eimer Süßes als Siegprämie fürs Geländespiel gekauft hatten.

Unsere Rucksäcke waren kaum anzuheben und so schwer, dass man sich um die Nähte sorgen musste. Um noch vor Einbruch der Nacht zurück zu sein ließen wir uns zum Naturschutzgebiet fahren. Von dort wanderten wir dann bis zum Lagerplatz, an dem die anderen gerade Baden gehen wollten. Ich schickte riddle unter einem Vorwand weg, weil wir Zeit brauchten, um ihm einen Kuchen zum Geburtstag zu "backen". Als er wieder kam taten wir so als wäre nichts gewesen. Problematisch waren nur die Schokoladenflecken, die sich in klaus kompletten Gesicht verteilt hatten.

Wanderweg Övre Glottern
Foto von xena (Kira Andrea)

 

 

 

Kurz vor dem Essen hatte sich Felix die Angel von frodo geschnappt und gleich einen Hecht gefangen, den wir putzten und anbrieten. Wenn Menschen ihren ersten Fisch fangen dann sind ihre Gesichter so süß vor Freude erfüllt. Ich musste richtig grinsen, als ich sah wie glücklich er war.

Dann brach ich zu meiner Roverwache auf, die ich auf dieser Großfahrt halten wollte.


Tag 14: Heiliger Cüs


Pfadfinder mit Wanderrucksack auf Wanderweg
Foto von xena (Kira Andrea)

Als wir im Morgengrauen zum Lager zurückkehrten war es zu spät um noch zu Schlafen. Aber es war früh genug, um noch einen Saunagang einzulegen, bevor alle wach wurden. Wir vergaßen das MMBT Peeling, welches wir extra vorher angerührt hatten, ebenso wie den Remouladenaufguss. Nachdem wir uns abgekühlt und gebadet hatten machten wir die Weckrunde und bereiteten das Frühstück vor.

Am zweiten Tag des Geländespieles wurde weiter gebaut und gewerkelt, denn am Nachmittag würde Orakilian kommen, um die Dörfer zu bewerten.

Wir hatten alle einen Ohrwurm vom komponierten Meisterwerk unseres Stammesbarden ditto. Mit seinem Lied "Feuerasis" hat er uns alle verzaubert und wir haben es gleich vertont. Das Lied brannte sich so sehr in unsere Gehirne ein, dass es fortan an jeder Ecke des Lagers gesungen wurde.

Pfadfinder Monte Verita in Schweden am Lagerfeuer
Foto von xena (Kira Andrea)

Ich angelte ein wenig und musste mich dann hinlegen, weil ich zu zerstört war, um am Geländespiel teilzunehmen. Als ich wieder wach wurde stand riddle vor mir, der gerade gesagt hatte: "Basti, Kaffee und Burger!". Ich hatte den ganzen Tag verschlafen. Die vegetarischen Burger, die ich machen wollte, hatten jetzt die Übrigen schon gekocht. Das Geländespiel war bereits vorbei. Als ich zum Lagerfeuer kam musste ich mir diverse Geschichten anhören, wie ich geweckt werden sollte und dann doch nicht wach geworden bin (ich gehe davon aus, dass ich in diesem Moment dreist angelogen wurde).

Dann gab es vegetarische Burger. Unser Abschlussessen. Es war unfassbar lecker und es blieb sogar noch einiges übrig. Im Anschluss hatten wir eine grandiose Singerunde, bei der wir versuchten die Süßigkeiten Eimer zu leeren, die die beiden verfeindeten Lager gewonnen hatten. Es gelang nicht.

Gitarre am Baum, Pfadfinderfahrt
Foto von xena (Kira Andrea)

 

 

Natürlich wurde "Feuerasis" auch noch gesungen, und sogar in einer Art Freestyle-Session direkt weitergedichtet. Diesem Abend verdanken wir die dritte Strophe.

Doch nach und nach gingen alle Schlafen. Die letzten Tage hatten uns viel zu sehr gefordert, um noch die Nacht lang durchsingen zu können.


Tag 15: Ab nach Hause!


Blaubeersträucher in Schweden
Foto von xena (Kira Andrea)

Der letzte Tag startete damit, dass wir alle ganz behutsam mit unserem Lieblingslied "Feuerasis" weckten. Beim Frühstück schlugen nochmal alle richtig zu. Dann wurde das Lager sehr fix abgebaut, die Lebensmittel verteilt, die Rucksäcke gepackt, jegliche Art von Müll eingesammelt und alles so hergerichtet, als wären wir nie da gewesen.

Wir machten noch einen Abschlusskreis und uns dann auf den Weg zum Parkplatz vom Naturschutzgebiet. Es war ein gefühlter Katzensprung für die Leute, die den Weg jetzt schon mehrfach gegangen waren. Von dort aus nutzten wir den Shuttle Service nach Norrköping zum Hauptbahnhof. 

Während ein paar Gruppenführende sehr kreativ ihr Gruppenmaterial aufbesserten, gingen klaus, xena, lasagne und ich für die Rückfahrt einkaufen. 

Pfadfinderinnen schlafend im Zug
Foto von xena (Kira Andrea)

Wir fuhren mit dem Zug von Norrköping bis nach Aachen zurück. Die dänische Bahn bekam es leider wieder nicht hin genügend Schienenersatzverkehrbusse zu organisieren. Trotzdem erreichten wir jeden Zug und kamen pünktlich und wohlbehalten in Aachen an, wo wir herzlich von den Eltern empfangen wurden. Die Älteren und Gruppenführenden gingen danach noch in den Pontgarten für einen gemeinsamen Abschluss der Großfahrt 2019.


Fazit


Sonnenuntergang Baven See in Schweden
Foto von xena (Kira Andrea)

Schweden ist das ideale Land für eine Großfahrt - nette Menschen, keine Wasserprobleme, man darf überall Zelten und Feuer machen, es gibt deutlich weniger Mücken als noch vor zwölf Jahren und so teuer wie es immer heißt ist Schweden nicht.

Für mich hatte die Großfahrt viele verschiedene Phasen mit einzelnen Highlights. Es fällt mir schwer ein abschließendes Fazit zu ziehen, weil es mir kaum gelingt die einzelnen Teile in einen Bezug zu setzen. Alleine zwischen der Kanuzeit, der Wanderzeit, der Abschlusslager Orga-Zeit, dem Abschlusslager und der Roverwache fällt es mir schwer eine rote Linie zu sehen. Jeder Teil der Großfahrt hatte seinen eigenen Glanz, seinen eigenen Zauber, seine eigene Berechtigung ein Teilabschnitt der Schwedenfahrt zu sein. Aber wenn ich mich gerade Beamen könnte, dann wäre ich auf Monti-Island 4, würde Milch aus einer Kokosnuss trinken und mir von einem Barsch das Glasperlenspiel vorlesen lassen. 


Fotos von xena (Kira Andrea)

Bericht von basti


Kommentare: 3
  • #3

    Peter Lüdeke Pittschi (Donnerstag, 15 August 2019 21:45)

    Danke lieber Basti für diesen wunderbaren KURZEN Bericht und Xena für die Fotos. Euch weiterhin einen schönen Sommer und ich nach so 4000km und 6 Wochen am Atlantik zuerst an der englischen Küste, dann in Irland und zum Schluss an der Nordsee und nahe der schottischen Grenze auch wieder im Cottage meines Freundes Dave und dem tauben Boxer Snoopy eingetroffen. Die Vorbereitungen für das nächste Abenteuer Richtung Moskau, Georgien und Armenien stehen im Raum und auch die Doppelstaatsbürgerschaft UK und GER. But: Tomorrow is an other day. Wir werden sehen. Hugs für alle

  • #2

    basti (Donnerstag, 15 August 2019 17:11)

    Hab et korrijiert! Shukran, habibi

  • #1

    Orakilian (Mittwoch, 14 August 2019 11:31)

    Edit Tag 13: (H)echte Vikings, Tag 14: Heiliger-Cüs:
    OraKilian, nicht flokian. :D -> eigener Fahrtenbericht mit Anleitung und Geschichte kommt.
    Geiler-Bericht.de