Fahrtenbericht Frühlingsfahrt 2014 ins Siegerland

Tag 1

Über Siegen bis nach Rudersdorf gefahren starteten wir im Siegerland unsere Frühlingsfahrt im Jahr 2014. Es regnete, weshalb wir mit Kapuzen und Ponchos versuchten trocken zu bleiben. Der Regen hatte sich allerdings, nachdem wir das Abendbrot eingekauft hatten, gemäßigt. Der Tag war immer noch kurz und als wir wirklich loswanderten dämmerte es bereits. Es war sehr neblig im Wald und die Dunkelheit im Wald, die nur zwischendurch durch wages durchscheinen von Sternenlicht zurückgedrängt wurde, machte es uns nicht einfacher auf dem richtigen Weg zu bleiben. Das Gebiet um Rudersdorf ist sehr bergig und unsere großen Wasservorräte, die bis Samstag Nachmittag halten mussten, machten den Weg für uns nicht leichter. Wir wanderten bis kurz vor Mitternacht, gerade hatte uns eine Anhöhe stark zu schaffen gemacht, als der Weg vor uns plötzlich stark nach unten ging und eine kleine Lichtung zu sehen war. Im Schein des nun mittlerweile hell erstrahlenden Mondes sahen wir eine kleine Hütte. Diese sollte direkt an der Quelle der Dill gelegen sein. 

Als wir abgelegt und die Holzhütte mit unseren Kohtenplanen abgehangen hatten entzündeten wir auf der Feuerstelle ein Feuer. Maxi hatte drei Varianten Stockbrot vorbereitet: italienisch, mit Kräutern und die etwas unbeliebtere klassische Kümmel-variante.

Neben dem gemeinsamen Abendessen an der langen Holztafel bot die Hütte einen windsicheren Unterschlupf und vor allem Schutz vor dem Regen. Und vielleicht auch vor Schlimmeren: beim Feuerholz sammeln entdeckte ich einen Baumstamm, der starke Abschürfungen aufwies. Handelte es sich hierbei etwa um Wildschweine, die Spuren einer Pfote von einem Wolf, einem Bär, oder war das tatsächlich der erste Beweis für die tatsächliche Existenz von Frau Holles böser Zwillingsschwester? Schließlich hatten wir es, ohne großartige Kontrollen, geschafft die hessische Landesgrenze zu überwinden, und das ist immerhin das Land besagter Märchen. 

Als wir das Spiel "Werwolf" spielten passte das ganz Gut zur herrschenden Atmosphäre.

Tag 2

Der Morgen begann damit sich ordentlich zu Strecken, für die Leute, die nicht auf einem Fell schliefen, war der Boden wohl etwas hart. Im Tageslicht betrachtet war die Hütte doch ziemlich groß, und ganz so windstill wie ich es mir versprochen hatte war es nicht. 

Trotzdem war diese Übernachtungsmöglichkeit für bündische Pfadfinder als Luxus zu betrachten.

Michi und Maxi bereiteten ein köstliches Frühstück, samt Rührei zu. Dabei gab es natürlich auch für die Vegetarier eine speck-freie Version. Im hellen konnte man auch dann direkt die Dillquelle sehen, die unmittelbar neben der Hütte lag. Am Anfang ist jeder große Fluss ein Rinnsal, doch das Wasser, was direkt aus dem Berg kam, schmeckte köstlich.

Natürlich suchten wir als erstes wieder besagten Baumstamm - den Beweis - um uns zu versichern, dass wir uns am Vorabend nicht getäuscht hatten. Ganz so schrecklich wie es zuerst schien war es dann wohl doch nicht. Frau Holle und ihre Schwester konnten für uns in der gedanklichen Mottenkiste verschwinden.

Als wir gepackt hatten machten wir uns auf die Wanderung. Dabei ging es den ganzen Tag lang nur rauf und runter, rauf und wieder runter. Die geraden Stücke des Weges waren rar gesät und so eine Wanderung wird dann doch schnell ein wenig anstrengend. 

Am frühen Mittag passierten wir einige große braune Tannennadelhügel neben uns. Bei näherem betrachten stellten wir fest, dass dies riesige Ameisenkolonien waren. Wirklich beeindruckend, was Waldameisen da im Wald leisten können. Wir zählten über zehn Kolonien.

Den ganzen Weg über roch es intensiv nach Wald. Die Luft war frisch und klar, und die Vögel sangen ihre alten Lieder. Dichter Tannenwald wechselte sich mit Lichtungen ab, moosüberzogene Felsen hoben sich aus dem Waldboden hervor. 

Die Phase, in der ich gerne still wandere und mich auf die Umgebung einlasse, wussten Andere natürlich anders zu nutzen. Besonders die Damen der Schöpfung hatten sichtlich ihren Spaß.

Das wirklich schöne an dieser Gegend ist, dass man mitunter stundenlang keinem Menschen, sowie keinem Zeichen für Zivilisation begegnet.

Mit gedämpften Stimmen sangen wir ein wenig unseres Liedgutes ("Endlos lang zieht sich die Straße"), um die Tiere des Waldes nicht zu verschrecken. Das waren neben den schon erwähnten Ameisen auch noch diverse verschiedene Vogelarten. 

Wir hatten uns für diesen Tag eine ca. 25 Kilometer lange Wanderung vorgestellt, die ich für sehr realistisch hielt. Wir hatten unsere Rechnung nur nicht mit den Höhenmetern gemacht, die wir dafür zurücklegen mussten.

So erreichten wir am späten Nachmittag die Obernautalsperre. Womit wir nicht gerechnet hatten war, dass es erst mal eine 15 Meter tiefe Böschung hinunterging, um ans Wasser zu kommen, und es dort auch keinen Uferbereich gab. Ein schwacher Lohn für die bisherige Plackerei, sollte der See doch ein Hochpunkt der Fahrt werden. Immerhin gab es eine kurze Pause.

Zu Mittag hatten sich Michi und Maxi ein besonders gesundes Mahl ausgedacht: Kohlrabi und Möhren - Rohkost. Ich muss sagen das war vom Prinzip her eine wirklich gute Idee, die die beiden da hatten. Allerdings hellte es die Stimmung der Fast-Talsperrenbesucher nicht sonderlich auf, auf rohem Kohlrabi herumzubeißen. Besonders Maxi musste hier die ein oder andere kritische Nachfrage beantworten. 

Für Carsten war das Mittagessen dermaßen schlimm, dass er lieber ein kurzes Schläfchen einlegte. Ist vielleicht auch nur meine Interpretation der Dinge.

Ich blickte gen Himmel. Es wurde langsam Abend und wir hatten noch nichts eingekauft, geschweige denn eine Hütte oder einen geeigneten Zeltplatz gefunden. In unserer nahen Umgebung gab es lediglich eine Hütte, vielleicht 5 km entfernt. Daher hieß es nach 20 Minuten schon wieder "Auf zur nächsten Etappe!". 

Die Pfade die wir beschritten, wurden, zumindest im Kopf, steiler und steiler. In einer Gegend in der die Natur die Oberhand zu gewinnen schien (siehe Foto) waren wir auf der Suche nach der Hütte. Und die wollte sich einfach nicht finden lassen. "Die ist genau hier eingezeichnet. Wir müssen nur dem Weg folgen!". An der nächsten Weggabelung angekommen dann: "Wir müssten schon daran vorbei sein!". Wir suchten die Hütte und mit dem Suchen raste die Zeit, die wir noch gehabt hätten um Einkaufen zu gehen, voran.

Wir gingen den Weg noch 2, oder 3 mal ab und die Beine wurden schwerer und schwerer. Als plötzlich ein Wagen der Forstaufseher vorbeikam. Nach kurzem Winken hielten die drei Männer, um die 30 Jahre alt, an. Ich deutete auf die Hütte auf der Karte und versuchte ihnen auf die schnelle zu erklären, wer wir waren und was wir suchten. "Eine Hütte? Ich wohne hier 30 Jahre, hier hat es niemals eine Hütte gegeben." Seine Einschätzung der Lage erzeugte lange Gesichter bei meinen Stammesbrüdern und -schwestern. Auf die Frage, ob sie eine weitere Hütte kannten, entgegneten sie: "ja" und deuteten auf eine Hütte die von unserer Position um die 20km entfernt war.

"Aber wisst ihr was? Wir haben oben in unserem Dorf, in der Nähe des Sportplatzes, einen Platz für euch, auf dem ihr Lagern und Feuer machen könnt." Die Hoffnung, die ich in den Augen einiger meiner Freunde sah, dieser kleine Funken Hoffnung, die anstrengende Wanderung hinter sich zu lassen, bereitete mir zumindest innerlich ein breites Grinsen. So ließ ich mir mit meiner Antwort noch kurz Zeit, bis ich dann zur Freude aller zustimmte. 

Michi lies sich auf das Angebot ein, ihn bis zum nächsten Supermarkt mitzunehmen, und uns zeigten sie auf der Karte wo wir hin mussten. Die immerhin noch 3 km kamen uns vor, wie ein Abendspaziergang vom Bett zum Kühlschrank und unser Gepäck wog plötzlich nicht mehr mehr als ein Nachthemd. Oben angekommen richteten wir unseren Lagerplatz ein und sammelten Feuerholz. Ein Dreibein war schnell gebunden.

Kurz darauf war Michi mit allem zurück was unsere hungrigen Mägen begehrten. Sein Magen hingegen war etwas übel gelaunt, da die Fahrweise des Fahrers, über Stock und Stein der Waldstraßen, wohl nicht ganz koscher war.

Es gab Risotto, das von unserem Küchenteam mit allerlei Gewürzen verfeinert wurde. Zudem hatten wir noch eine gute Unterhaltung mit den Forstarbeitern, die uns sogar noch Wasser vorbei brachten.

Den Abend wollten wir zunächst mit einigen Lagerfeuerliedern ausklingen lassen, schließlich waren alle relativ platt von der Wanderung. Doch mit dem Singen entdeckten wir, dass da noch Kraft war, wo man zuletzt noch Müdigkeit vermutet hatte.

Daher ging es noch lange, bis tief in die Nacht hinein. Wir auf unserem Hügel, oberhalb des Dorfes, umgeben von einem seltsam kargen und blätterlosen Wald. Einmal dachte ich mir: wenn es diese dunkle Zwillingsschwester von Frau Holle wirklich geben würde - sie würde in diesem Wald leben.

Die Sterne funkelten, es war den ganzen Tag über herrliches Wetter gewesen. Irgendwann legten wir uns schlafen!

Tag 3

Ich hörte eine hysterisch keifende Frau, die sich tierisch aufregte. Was für ein bescheuerter Traum das war. Es ist doch immer wieder verwunderlich auf welche Ideen man im Traum so kommt. Doch Moment mal - so langsam zog sich mein Bewusstsein aus der schummrigen Verklärtheit der Tiefschlafphase. Sollte es doch kein Traum gewesen sein?

Ich machte die Augen auf und erwartete niemand geringen zu sehen als besagtes Wesen, was uns schon an der Hütte am Abend zuvor belauert haben musste. Doch ich sah nur eine ganz normale Frau mittleren Alters, die wie ein Rohrspatz schimpfend zwischen uns herumlief. "Ihr seid sofort hier weg, ich habe den Platz für heute gemietet, gleich kommen Gäste, schert euch raus, [...]." So langsam wachten wir auf, und als die zweite Schimpftirade einzusetzen drohte, konnte Michi unsere Lage erklären. Sie war mit einem der Forstarbeiter befreundet, und als sie merkte wie sie wohl gewirkt haben musste, entschuldigte sie sich und sagte wir hätten natürlich noch Zeit zu frühstücken und in Ruhe aufzustehen.

An Schlaf war jetzt nicht mehr zu denken, wir waren natürlich alle hellwach. So wurde das Frühstück eher rein gezwungen als dass jemand wirklich Hunger hatte. Wir räumten natürlich noch auf, ehe wir den Weg zur nächsten Bushaltestelle antraten. "Natürlich kommt der nächste Bus erst in 2 Stunden." musste ich, leicht sarkastisch, den deutlich gezeichneten Gesichtern, die nun in der Bushaltestelle saßen, verkünden. Immerhin hatten wir so Zeit für ein zweites Frühstück! 

Am frühen Mittag hatte uns die Zivilisation dann wieder zurück.

Fazit

Das Siegerland hat uns gefordert. Noch eine Woche nach der Fahrt hatte ich Muskelkater. Trotz des Unsanft-geweckt-werdens am letzten Tag war die Fahrt für mich ein voller Erfolg. Wir haben gemeinsam viele Kilometer zurück gelegt und konnten uns an beiden Tagen über schöne Schlafplätze freuen. Das Essen war wirklich lecker (die als sogenannte "Kohlrabigate-Affäre" bekannt gewordene Mittagspause haben wir natürlich verziehen), die Stimmung war gut, und wir haben Grenzerfahrungen gemacht. Das Siegerland ist sehr schön, und trotz der Warnung der Forstarbeiter, ("Die Sauerländer sind Geizkragen") wollen wir als nächstes in das benachbarte Sauerland fahren.

Bericht von: Basti

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